Vorstandsgehälter: Patient klagt gegen AOK-Bosse Patrick Hollstein, 05.12.2024 07:55 Uhr
Im Kampf gegen den Verwaltungsapparat braucht es zuweilen unkonventionelle Mittel. Weil sein Antrag auf einen höheren Pflegegrad abgelehnt wurde, hat ein Patient die AOK Baden-Württemberg verklagt. Und zwar auf Halbierung der Gehaltszahlung an ihre Vorstände! Doch nach dem Sozialgericht Konstanz (SG) wies auch das Landessozialgericht (LSG) die Forderung ab.
Der 1930 geborene Mann ist bei der AOK pflegeversichert und bezieht seit März 2021 Pflegegeld nach Pflegegrad 3. Ein Jahr später beantragte er eine Erhöhung des Pflegegrads, doch das blieb ohne Erfolg. Im Gegenteil: Weil er keinen Nachweis eines Beratungsbesuches durch einen Pflegedienst erbrachte, reduzierte die Kasse sogar vorübergehend das Pflegegeld.
Der Versicherte prozessierte in der Sache bis vor das Bundessozialgericht (BSG), das sich allerdings wegen eines fehlenden qualifizierten Anwalts mit der Sache nicht beschäftigen wollte. Also zog der Patient andere Saiten auf und schickte im Februar einen Brief ans Gericht: „Das ist hiermit eine Klage gegen die Pflegekasse, wo ich zu Recht verlange, dass die 2 höchsten Verwaltungspersonen in Stuttgart der AOK Baden-Württemberg nun von ihrem protzigen Unterhalt die Hälfte von den jedes Jahr gezahlten ½ Million Gesamtsumme gestrichen wird.“
Zur Begründung führte er nach Auflistung zahlreicher in der Vergangenheit liegender, als staatliche Ungerechtigkeiten gewerteter Umstände insbesondere aus, dass eine „spektakuläre Verschwendung von Volksgeldern“ vorliege. Alleine die Vorstände der 96 Krankenkassen kosteten jährlich rund 100 Millionen Euro. Er habe das Recht zur Rüge, da er niemals Schulden gemacht habe.
Doch das SG sah noch nicht einmal eine Klagebefugnis, das LSG teilte diese Einschätzung. „Die Klagebefugnis fehlt, wenn dem Kläger der geltend gemachte Anspruch unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann, die Verletzung seiner subjektiven Rechte nicht möglich erscheint, wenn also dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann.“
Die Pflegekassen seien rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, ihre Organe seien die der Krankenkassen, bei denen sie errichtet seien. Die Höhe der Vergütung des hauptamtlichen Vorstands ergebe sich aus dem Sozialgesetzbuch (SGB IV): „Der Abschluss, die Verlängerung oder die Änderung eines Vorstandsdienstvertrags bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung der Aufsichtsbehörde.“
„Die Wirksamkeit der Vorstandsvergütung hängt demnach von der vorherigen Zustimmung der Aufsichtsbehörde ab. Ein individuelles Schutzrecht eines einzelnen Mitglieds lässt sich hieraus nicht ableiten“, so das LSG. Daher komme ein subjektiv öffentliches Recht eines einzelnen Mitglieds der Kranken- oder Pflegekasse auf eine bestimmte Vergütungshöhe von vornherein nicht in Betracht. „Der geltend gemachte Anspruch ist somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich.“
Die Vorgaben seien übrigens klar: Die Vergütung der Vorstandsmitglieder einschließlich aller Nebenleistungen und Versorgungsregelungen habe in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Körperschaft zu stehen, die sich nach der Zahl der Versicherten bemesse. „Darüber hinaus ist die Größe des Vorstandes zu berücksichtigen.“ Finanzielle Zuwendungen seien auf die Vergütung der Vorstandsmitglieder anzurechnen oder an die Körperschaft abzuführen. Vereinbarungen der Körperschaft für die Zukunftssicherung der Vorstandsmitglieder seien nur auf Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig.