Notdienstzeit ist Dokuzeit: Apothekerin Sarah Sonntag versucht den heutigen Notdienst zur Bewältigung der Papierberge auf dem Schreibtisch zu nutzen. In den vergangenen Wochen hat sich einiges angesammelt. Für den ein oder anderen Brief findet Sarah sogar eine neue Daseinsberechtigung – denn es ist heiß, sehr heiß.
Als Sarah durch den Hintereingang der Apotheke die Schleuse betritt fällt ihr erster Blick auf das Thermometer: 24 Grad. „Eigentlich schon zu warm“, denkt sie. Doch als sie die Tür zum Backoffice aufschließt und öffnet, trifft sie der Schlag: Wie eine undurchdringbare Wand kommt ihr die warme Luft entgegen. Sarah muss erstmal tief einatmen und ihre Verpflegung für den Dienst abstellen. Zielstrebig läuft sie auf die Klimaanlage zu und schaltet sie ein.
In ihrem Büro könnte Sarah fast einen Aufguss machen. „Was meinst du: Kiefernadel, Lemongrass oder doch lieber Lavendel zur Beruhigung?“, witzelt Fantaschale Max. Nachdem Sarah die gesamte Technik ans Laufen gebracht hat, muss sie erstmal ein kühles Glas Wasser trinken. „Zehn Grad weniger hätten mir persönlich auch gereicht“, meint sie und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Die ersten Kunden klagen über die typischen Beschwerden, die das Wetter mit sich bringt: Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen und Übelkeit, um nur einige zu nennen. Vor allem die älteren Menschen haben mit den heißen Temperaturen zu kämpfen. Einige rufen an und fragen nach einem Boten, der die gewünschten Medikamente zu ihnen nach Hause bringen kann. Doch Sarah muss sie enttäuschen, schließlich ist sie im Notdienst alleine – daran ändert (leider) auch das Wetter nichts.
Zwischendurch ist es ziemlich ruhig an der Klappe. Sarah nutzt die Zeit, um ihren Schreibtisch aufzuräumen – oder zumindest das, was von ihm noch zu sehen ist. Es tummeln sich Notizzettel, Briefe und Retaxationen. „Zuerst einmal grob sortieren“, denkt sich Sarah und beginnt, verschiedene Stapel zu machen. Nach einiger Zeit werden Tastatur und Maus wieder sichtbar und der Schreibtisch gewinnt seine Freiheit zurück. Voller Motivation macht die Apothekerin weiter.
Als Sarah beginnt, den Papierkrieg genauer zu sortieren, verlässt sie jedoch der Mut: Ein Meer aus Vorschriften, Regelungen und Paragraphen schellt ihr entgegen – und solchen, die sie und ihre Mitarbeiter nicht erfüllt haben sollen. Die Rede ist von Retaxationen, dem wahrscheinlich leidigsten Thema der Apotheken. Mit jedem Brief wird die Apothekerin unwirscher, genervter und vor allem erschöpfter. Denn die Hitze in ihrem Büro lässt nicht nur den Schweiß rinnen – er trübt auch die Sinne.
Ohne groß darüber nachzudenken und völlig in Gedanken, Zahlen und Paragraphen versunken, beginnt Sarah das vor sich liegende Papier zu falten: Einmal vor, einmal zurück, dann wieder vor. Nach einiger Zeit des Sekundenschlafs schreckt Sarah durch die Notdienstklingel auf. Sie findet sich mit einem Fächer wedelnd am Schreibtisch wieder. Als sie ihre Gedanken geordnet hat, wirft sie einen Blick auf das in Trance gebastelte Gerät: Eine Retax von über 500 Euro. „Huch!“, stößt sie ein wenig erschrocken hinaus. Doch dann muss sie grinsen: „So ist das Ding zumindest für etwas gut“, meint sie und geht wedelnd zur Notdienstklappe.
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