Spirituosen

Von der Apotheke in die Sterne-Gastronomie Eugenie Ankowitsch, 13.11.2016 08:41 Uhr

Berlin - 

Die Wuppertaler Apothekerfamilie Jagla stellt seit Jahrzehnten exquisite Kräuterbitter in Handarbeit her und gibt die gut gehüteten Rezepturen von Generation zu Generation weiter. Mittlerweile ist Apothekerin Dr. Christina Jagla – als Geschäftsführerin von Dr. Jaglas – mit Manufaktur, Weiterentwicklung und Vertrieb beschäftigt und sorgt dafür, dass man auch außerhalb des Bergischen Landes in den Genuss dieser besonderen Kräuterbitter kommt. 

Erlesene Bitterkräuter und feine Essenzen wie Enzianwurzel, Tausendgüldenkraut, Kardamom, Ingwerwurzel, Zitwerwurzel, Chinarinde, Pomeranzenschalen, Wacholderbeeren, Campher, Lavendel, Zimtrinde, Citronell, Baldrianwurzel, Angelikawurzel, Nelken, Galgantwurzelstock und ein Hauch von Safran: Das ist alles, was man über die geheime Rezeptur des Artischocken-Elixiers, deren Ursprung in der „Pharmacopoea Germanica“, dem alten Deutschen Arzneibuch, liegt, erfährt. Wie ein Schatz hütet die Familie seit Generationen die genaue Rezeptur.

In vierter Generation stellt die Apothekerfamilie Jagla nach einer mittelalterlichen Klosterapotheken-Rezeptur – in Handarbeit – ihre Kräuterbitter her. „Bereits mein Urgroßvater, Max Jagla, bewirtete damit Freunde und Familie in seinem schlesischen Kolonialwarenladen. Die Männer unserer Familie haben also schon seit Jahrzehnten hochwertige Digestife hergestellt“, erzählt Dr. Christina Jagla, die ebenfalls Pharmazeutin ist.

Ihr Vater und Apotheker Helmut W. Jagla ergänzte Ende der 1960er Jahre den traditionellen Kräuterbitter um markante Artischocken-Blätter. Das Artischocken-Elixier war geboren. Sorgsam sei die althergebrachte Kräuterbitter-Rezeptur von Generation zu Generation überliefert und geschmacklich verfeinert worden. „In meiner Generation setze ich eigene Impulse, etwa eine Note Safran und die Abwandlung des Artischocken-Elixiers zu unserem zweiten Produkt, dem Golfers Ginseng-Elixier“, sagt die Pharmazeutin.

Bis vor einem Jahr waren die Kräuterbitter ausschließlich in Wuppertal bekannt. Vor allem das Artischocken-Elixier sei sowohl bei den Kunden der Apotheke als auch im Freundes- und Bekanntenkreis der Apothekerfamilie sehr beliebt gewesen. Deshalb gründete Christina Jagla Ende 2015 die Firma „Dr. Jaglas German Nature“, um unter diesem Namen die Kräuterdigestife deutschlandweit zu vertreiben. „Meine Kräuterdigestife haben eine Geschichte, aber es sind keinesfalls Arzneimittel. Schon juristisch ist das ganz klar abzugrenzen“, betont sie.

Mittlerweile gibt es etliche Händler und Online-Shops, aber auch Bars und sogar Sterne-Restaurants, die die Elixiere ihren Kunden anbieten. „Dass unsere Kräuterbitter nun getrennt von der Apotheke unter der Marke 'Dr. Jaglas' geführt werden, war fast eine logische Weiterentwicklung. Es ist doch toll, wenn etwas über so einen langen Zeitraum in der Familie entwickelt wird, man Tradition genießt und der nächsten Generation die Möglichkeit gibt, neue Impulse zu setzten und Dinge weiter zu entwickeln“, sagt Helmut W. Jagla.

Um die Marke weiter aufzubauen hat sich seine Tochter aus dem Familienunternehmen in Wuppertal teilweise zurückgezogen und ist nach Berlin gezogen. Weil die 33-Jährige den Apothekerberuf liebt, legt sie dennoch viel Wert darauf, jede zweite Woche hinter dem HV-Tisch der elterlichen Apotheke zu stehen. Dafür pendelt sie im wöchentlichen Takt zwischen den beiden Städten.

Bei allem Fortschritt werden die Kräuter ihren Angaben nach allerdings noch heute in vielen verschiedenen Ansätzen per Hand mazeriert. „Denn die Qualität unserer Kräuterbitter hat Priorität“, erklärt Christina Jagla. Die langsame Reifung erfolge in kleinen Ansätzen und ziehe sich je nach Kraut bis zu drei Monaten. „Somit haben wir die Gewissheit, dass die Oberflächen der Kräuter-Mazerate groß bleiben und sich dadurch mehr natürliche Aromen entfalten können.“ Der hohe Alkoholgehalt von 35 Prozent diene als Träger für viele ätherische Öle, pflanzliche Aromen und wertvolle Kräuterbitterstoffe. Für ihre Kräuterbitter verwendet die Familie reinen Weingeist.

Ihr Pharmaziestudium sei eine hervorragende Grundlage für die Weiterführung der Familientradition. „In keinem Studiengang lernt man so viel über Kräuter, ihre Wirkung, Anwendung und Zubereitung. Pharmazeuten lernen ihre Qualität einschätzen und wissen, wie man Kräuter am Besten verarbeitet“, sagt Jagla. Im Moment arbeite sie gemeinsam mit ihrem Vater an einem Wermut. „Uns macht es wahnsinnig viel Spaß. Ganz klar, ohne die Apotheke, ihre Rezeptur und das Labor ginge das alles auch gar nicht“.

Im Zuge der Gründung von „Dr. Jaglas“ haben Vater und Tochter gemeinsam ein neues Design für die großen und kleinen Flaschen sowie für die Verpackung, der die Fläschchen stehen, entwickelt. Dafür habe sie mit ihrem Vater selbst gezeichnet und gebastelt, erzählt Christina Jagla. „Wir haben den Grafikern und Designern wirklich strikte Vorgaben gemacht, wie die Flasche und die Verpackung aussehen sollen, um das gewünschte Design vorzugeben“. Dafür wurden sie nun mit dem German Design Award 2017 Special Mention im Bereich Packaging gewürdigt. Helmut W. Jagla freut sich über die Auszeichnung: „Die Magie der Kräuterkunde, die Tradition einer Apothekerfamilie sowie die Liebe und Qualität unserer Produkte bereits in der Verpackung darstellen zu können, das ist für mich schon etwas ganz Besonderes“.