Pharmakonzerne

Vom Wiki-Autor zum Sanofi-Berater Benjamin Rohrer/dpa, 15.07.2011 11:47 Uhr

Berlin - 

Sanofi kommt derzeit nicht aus den Negativschlagzeilen. Der Pharmakonzern hatte im Juli 2009 mit der PR-Agentur „Convincet“ einen Beratungsvertrag geschlossen. Deren Inhaber, Dr. Wolfgang Stock, hatte wiederum kurz zuvor Artikel der Internet-Enzyklopädie „Wikipedia“ zugunsten des Pharmakonzerns umgeschrieben: Einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zufolge hatte Stock im Frühjahr 2009 Beiträge über Sanofi sowie über das Institut für Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) modifiziert.

Konkret ging es unter anderem um Beiträge über das von Sanofi hergestellte Analoginsulin Lantus. Das IQWiG hatte 2005 eine Studie veröffentlicht, in der der Zusatznutzen von Lantus angezweifelt wurde. In einer weiteren Studie hatte das Institut darauf hingewiesen, dass Lantus auch Krebs auslösen kann.

Gegenüber dem Spiegel soll Stock zugegeben haben, Wikipedia-Einträge unter dem Nutzernamen „Wsto“ erstellt zu haben. Laut Spiegel wurde unter diesem Kürzel beispielsweise im Eintrag über das IQWiG ein kritischer Absatz eingefügt, der die Bewertungsweise des Institutes als nicht objektiv bezeichnete. Die Empfehlungen des Institutes kosteten jährlich mehreren hundert Menschen in Deutschland das Leben, soll in dem Beitrag gestanden haben. Inzwischen sind die Einträge gelöscht worden.

Stock dementiert einen Zusammenhang zwischen den Wikipedia-Einträgen und seiner Beratertätigkeit: Auf seiner Facebook-Seite beteuert er, dass er von dem Thema „Diabetes“ persönlich betroffen sei und die Wikipedia-Artikel daher geändert habe. Er habe lediglich Wissenslücken mit seinem „bescheidenen Wissen“ gefüllt.

Ein Nachspiel könnte der Spiegel-Bericht trotzdem haben: Denn Stock ist auch der Gründer des Internetprojekts „Wiki-Watch“, das sich für die Unabhängigkeit von Wikipedia-Artikeln engagiert. Das Projekt, das seit Oktober 2010 an der Universität in Frankfurt (Oder) angesiedelt ist, wird möglicherweise eingestellt. „Wir werden noch im August eine Entscheidung treffen“, sagte der Leiter des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Professor Dr. Wolff Heintschel von Heinegg.