Reformhauskette

Vitalia: Ärger mit der Kundenkarte

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Berlin -

Warum soll man Kunden halten, wenn man sie auch vergraulen kann? Diese Frage stellt sich derzeit ein treuer Käufer der Vitalia-Filiale im Münchner Stadtteil Trudering-Riem. Ulrich Leiner fühlt sich durch das Marketing der Reformhauskette als Kunde gegängelt und klagt auf Facebook über diesen „esoterischen Unfug”.

Es geht dabei um die neuen Kundenkarten, die seit Ende März in den insgesamt 88 Vitalia-Filialen zwischen Bremen und Garmisch-Partenkirchen an die Verbraucher ausgegeben werden. Der auf den Karten aufgedruckte Barcode liegt auf einem schwarzen Querstrich, es sieht so aus, als sei der Code durchgestrichen.

Tatsächlich funktioniert der Barcode einwandfrei, der Strich steht dagegen für eine Befindlichkeit: Schon vor Jahren wurde in esoterischen Kreisen die Kunde laut, dass von solchen Barcodestrichen negative Strahlungen ausgehen würden. Das einfache Durchstreichen, etwa mit einem Filzstift, würde diese negative Energie dann eliminieren. Wohlgemerkt: Als diese These die Runde machte, ging es um Barcodes, die auf verpackten Lebensmitteln aufgedruckt waren und von dort aus negative Schwingungen auch in eben diese Esswaren verströmen sollten. Kundenkarten kommen dagegen mit Esswaren nicht direkt in Berührung.

Leiner nennt diesen Widerspruch „absurde Innenlogik”. Es tröstet ihn auch nicht, dass dieser „esoterische Unfug“ auszusterben scheint. Sonnentor und Rapunzel – von Vitalia als weitere Anbieter genannt – gaben auf Nachfrage an, diesen „ entschärften Strichcode“ schon seit Jahren nicht mehr verwenden. Zuletzt hat sich Rabenhorst im Januar 2017 davon abgewandt.

Bei der Neumarkter Brauerei Lammsbräu hat man den Querstrich durch Markensymbole ersetzt: So findet sich auf den Bieren im Strichcodebereich ein kleines Lamm, bei den Now-Limonaden ein Chamäleon und bei den BioKristall-Mineralwassern entsprechend ein Kristall. „Mit den neuen Piktogrammen möchten wir die Diskussion um Querstriche mit einem freundlichen Augenzwinkern entschärfen”, sagt Generalbevollmächtige Susanne Horn.

Zwei Hersteller von Mineralwässern entstören ihren Strichcode noch: St.Leonards Quelle mit einem Unendlichkeitszeichen und die Rheinsberger Preussenquelle mit einem Strich.

Leiner ist von Beruf Naturwissenschaftler, seit 15 Jahren Vitalia-Kunde und er will einfach keine Kundenkarte mit einem aus seiner Sicht so hahnebüchenen Blödsinn. Er hat sich schriftlich an das Geschäft gewandt und erhielt Antwort: Das Layout der Kundenkarten sei ein „Gestaltungselement”, hieß es da. Außerdem sollen „viele Kunden” den Wunsch nach einer solchen Codierung geäußert haben. Aus Sicht von Leiner zeigt so eine Replik, dass sich die Verantwortlichen vor der inhaltlichen Auseinandersetzung drücken. Die zur Salus-Gruppe gehörende Kette wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.

Dass die negativen Energie aus Barcodes wissenschaftlicher Humbug sind, bestätigt auch Florian Aigner, Quantenphysiker und Mitglied der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Das Abziehen von Energie durch Barcodes aus der Umwelt funktioniert nicht, denn Barcodes auf Papier oder Plastikverpackungen können keinen elektrischen Strom leiten.

Auch die Lasergeräte an den Kassen zum Einlesen der Barcodes verströmen keine Energie. Sie arbeiten mit Rotlicht oder Infrarotlicht. Schwarze Striche reflektieren das Licht nicht, weiße machen es. Dadurch ergibt sich immer eine Reihe aus dunkel und hell. Das wird in Null und Eins umgesetzt, also den Binär-Code, der dann vom Rechner entschlüsselt und weiterverarbeitet wird.

Wer sich am Ende mit diesem Esoterik-Marketing womöglich selber einen Strich durch die Rechnung macht, bleibt abzuwarten. Leiner jedenfalls hat in vier Tagen über 100 Likes auf Facebook bekommen und München hat auch andere Reformhäuser.

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