VISION.A

An Amazon führt kein Weg vorbei

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Berlin -

Auf seinen Arzt würde er nicht verzichten. „Aber der Weg danach in die Apotheke nervt, gerade wenn man schwer krank ist.“ Mit diesem Weckruf aus Sicht eines Kunden provozierte Dr. Holger Schmidt, Netzökonom und Focus-Chefkorrespondent, die Teilnehmer der Digitalkonferenz VISION.A. Er forderte die Branche auf, selbst digitale Angebote zu entwickeln und das Feld nicht anderen zu überlassen. Ansonsten ist er sicher: „Die Apotheken-Plattform der Zukunft wird Amazon heißen.“

Laut Schmidt stehen die Apotheker heute da, wo die Buchhändler vor 20 Jahren und Schuhhändler vor zehn Jahren standen – bevor Amazon und Zalando ihren Markt an sich rissen. Digitale Plattformen lösen die traditionellen Geschäftsmodelle ab, da sie für Kunden viele Vorteile bieten. Aber: „Wir haben in Europa die Plattform-Ökonomie verschlafen“, konstatiert Schmidt.

Besonders die Gesundheitsbranche hinke bei der Digitalisierung hinterher: „Die Differenz zwischen dem, was möglich ist, und dem, was da ist, ist nirgendwo so groß wie in Ihrer Branche.“ Aber für ihn ist klar, dass die Branche in die Kategorie „lange Lunte, lauter Knall“ fällt – dass die Digitalisierung also spät kommt, aber mit voller Wucht. Man dürfe sich nicht darauf verlassen, dass Regulierungen ewig Bestand hätten, rät Schmidt den Apothekern. „Es ist ein Irrglaube, dass die Politik Ihre Branche nicht schützen wird.“ Statt zu verteidigen müsse man selbst aktiv werden und ein eigenes Angebot entwickeln.

Das größte Potenzial für Apotheker sieht Schmidt im Kundenkontakt. Chatbots und andere künstliche Intelligenz seien derzeit noch nicht so ausgereift, dass sie einen echten Mehrwert böten. „Jetzt haben Sie es noch selbst in der Hand.” Als Beispiel für das, was möglich ist, nennt Schmidt Apps, die Kunden daran erinnern, dass ihr verschriebenes Medikament zur Neige geht und sie direkt in die nächste Apotheke schickt, um Nachschub zu holen. So habe man die Kunden in der eigenen App und verliere sie nicht an Amazon oder Google.

Dass die Kunden heute scheinbar keinerlei Interesse an solchen Konzepten zeigten, sei trügerisch, so Schmidt: Keiner der global führenden Digitalkonzerne sei mit einer echten Innovation gestartet; alle neuen Ideen seien zunächst scheinbar unterlegen und uninteressant gewesen – und hätten später trotzdem den jeweiligen Markt komplett aufgerollt. „Wer es dem Kunden leichter macht, an bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu kommen, der profitiert.“

Die Apotheker müssten aber nicht von Null auf Hundert auf Digitalisierung umstellen. Man werde auch eine Zeitlang beides – Digital und Analog – machen müssen. Ein Best Case sei eine hoch digitalisierte TopPharm-Apotheke in Basel, dort helfen Video-Screens bei der Beratung und es gibt ein voll automatisiertes Medikamentenlager.

An Amazon führt für Schmidt kein Weg vorbei. Die Margen im Gesundheitsbereich seien für den Konzern einfach zu attraktiv, um sie sich entgehen zu lassen. „Irgendwann kommt Amazon – und es wird Apotheken geben, die mit Amazon zusammenarbeiten.“ Seien die Plattformen in einer Branche einmal groß geworden, seien sie schwer zu verdrängen. Da das System sich dann selbst befeuere – gutes Angebot, mehr Kunden, gutes Angebot, mehr Kunden, sei man in der Plattform-Ökonomie schnell beim Monopol. „Der Kunde sucht und kauft bei Amazon. Von wem die Ware kommt, ist ihm egal.“

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