Im Rahmen der Ermittlungen gegen einen Palliativarzt wegen vier toter Patientinnen ist laut Berliner Staatsanwaltschaft zunächst keine weitere Exhumierung geplant. Bislang wurden nach Angaben eines Behördensprechers die sterblichen Überreste einer Frau geborgen und untersucht. Gerichtsmedizinische Untersuchungen müssten nun in allen vier Fällen klären, woran die Frauen konkret gestorben seien. Weitere Angaben machte der Sprecher mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.
Ermittelt wird gegen einen 39 Jahre alten Arzt wegen des Verdachts des Totschlags und der Brandstiftung. Er befindet sich seit Dienstag in Untersuchungshaft. Der Mediziner war laut Staatsanwaltschaft seit Jahresanfang im Palliativteam eines Pflegedienstes beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit soll er zwischen dem 11. Juni und dem 24. Juli Frauen im Alter von 72 und 94 Jahren auf bisher noch unbekannte Weise in deren Wohnungen getötet haben. Anschließend habe er dort Feuer gelegt, um die Taten zu vertuschen, hieß es.
Palliativpatientinnen befanden sich der Staatsanwaltschaft zufolge zum Tatzeitpunkt nicht in einer akuten Sterbephase. Das Motiv des Mannes ist nach den Angaben noch unklar. Von einem Raubdelikt geht die Behörde nicht aus, weil nach bisherigen Ermittlungen in den Wohnungen der Patientinnen und im Berliner Ortsteil Plänterwald keine Wertgegenstände fehlen. Auch für eine Tötung auf Verlangen sieht die Staatsanwaltschaft bislang keine Anhaltspunkte.
Die Behörde kündigte an, die Akten aller Patientinnen oder Patienten zu überprüfen, die der Arzt für den Pflegedienst betreut hat. Ob auch weitere Fälle unter die Lupe genommen werden, sagte der Behördensprecher nicht. Nach Medienberichten war der Mediziner vor seiner Tätigkeit in Berlin laut Social-Media-Profil unter anderem in Kliniken und Praxen in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen tätig
Laut eines Sprechers des Palliativdienste im Bezirk Neukölln, in denen der Verdächtige in den vergangenen Jahren immer wieder Patienten untergebracht hat, habe es keinerlei Auffälligkeiten oder Hinweise auf Verdächtiges gegeben. „Wir können Ihnen sagen, dass der gesamte Sachverhalt für uns unbegreiflich ist und wir zutiefst erschüttert sind“, zitierte die „Abendschau“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) den Pflegedienst. Die vollständige Aufklärung der Vorgänge habe jetzt oberste Priorität. „Und wir kooperieren bestmöglich mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.“ Die Polizei hatte zunächst wegen Brandstiftung mit Todesfolge ermittelt. Dabei geriet der Arzt zunehmend in den Fokus. Dazu beigetragen hätten Hinweise des Pflegedienstes, so die Staatsanwaltschaft.
Der verdächtige Arzt war nach Angaben des Sprechers kein Angestellter der Palliativdienste. Wenn die Pflege engmaschiger werden muss, meldet der Arzt seine Patienten in einem Hospiz an, wo sie entsprechend betreut werden. Das Personal vor Ort kümmere sich dann um die Pflege.
Es gehe darum, das Leben bis zuletzt zu ermöglichen, nicht zu beenden, so der Sprecher der Palliativdienste. Er sprach von einem furchtbaren Einzelfall. In der Palliativpflege sei man betroffen und schockiert, weil man damit nicht habe rechnen können. Das für die anspruchsvolle Arbeit notwendige gegenseitige Vertrauen dürfe keinen Schaden nehmen.
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