Versicherungsbetrug

Zahnarzt streitet Selbstverstümmelung ab

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Der Vorwurf klingt unglaublich: Um Versicherungsgelder zu kassieren, soll sich ein Zahnarzt aus Fichtenwalde in Brandenburg einen Finger abgeschnitten haben. Seit Dienstag muss sich der 43-Jährige in Potsdam vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm das Vortäuschen einer Straftat und versuchten Betrug vor. Der Mediziner beteuert, das Opfer eines Überfalls zu sein.

Nach dem Verlust seines Fingers müsse er nicht nur um seine Existenz kämpfen, sondern auch um seinen Ruf. „Diese Erfahrung wünsche ich niemanden“, sagte der Arzt. „Ich habe und ich hatte zu keinem Zeitpunkt ein Motiv für eine Vortäuschung“, betonte er.

Laut Anklage soll er sich aber aus finanzieller Not selbst verstümmelt haben. Demnach hätten ihm bei Invalidität 600.000 Euro zugestanden sowie eine Versicherungsleistung von 250.000 Euro für einen nachgewiesenen Raubüberfall.

Es wäre nicht der erste derartige Fall: So verurteilte das Landgericht Würzburg 2003 zwei Männer zu jeweils eineinhalb Jahren Haft, nachdem ein damals 28-Jähriger seinem Bekannten auf dessen Wunsch mit einer Kettensäge Daumen und Zeigefinger abgetrennt hatte. Ein Chirurg aus Brandenburg stand in Verdacht, sich 2001 mit einer Motorsäge vier Finger abgeschnitten zu haben, um rund 2,1 Millionen Euro zu kassieren. Das Amtsgericht Zehdenick sprach den Mann jedoch vom Betrugsvorwurf frei.

Die Versicherungen sind für das Thema sensibilisiert. „In der Branche ist durchaus zu hören, dass der Verlust eines Fingers bei Ärzten deutlich öfter vorkommt als bei anderen Menschen“, sagte eine Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Hintergrund ist eine deutlich höhere Unfallversicherung bei Verlust des Körperteils als bei anderen Menschen. Mediziner hätten zudem Zugriff auf Betäubungsmittel, sagte die Sprecherin.

Der angeklagte Zahnarzt beteuert seine Unschuld: „Ich war zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig“, erklärte er. Mahnungen oder Unregelmäßigkeiten, auf die die Ermittler gestoßen waren, erklärte er mit mangelnder Buchhaltung. Die Unfallversicherung habe er vor allem wegen seines Reithobbys abgeschlossen.

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