Ein privater Händler hatte Anfang August Tetrazepam von Aliud in der Dosierung zu 50 Milligramm über ebay angeboten. Aus der 20er-Packung waren fünf Tabletten bereits aufgebraucht. Das Produkt wurde von RTL ersteigert und gestern per Lockvogel abgeholt – Schmitz-Remy war dem Teenager per Mikro zugeschaltet.

Der junge Mann habe sich bewusst als 17-Jähriger ausgegeben, sagt der Inhaber der Rüschhaus-Apotheke in Münster. Gemeinsam mit dem Fernsehteam wartete der Apotheker während der Aktion vor dem Haus. Angesichts des leichtfertigen Verkaufs von verschreibungspflichtigen Medikamenten sei er fassungslos, sagt Schmitz-Remy, der Mitglied in der Freien Apothekerschaft ist.

Der Fall sei besonders brisant, da die Zulassung für Tetrazepam-haltige Arzneimittel seit August ruht. „Die Frau wusste von dem Rückruf“, betont der Apotheker. Wegen des Alters des Käufers habe sie zwar zunächst gezögert, das Medikament aber am Ende trotzdem verkauft. Gleichzeitig habe sie noch Tipps zur Einnahme gegeben.

Als die Frau von RTL zur Rede gestellt wurde, sei sie verunsichert gewesen und wollte nicht gefilmt werden. „Es geht mir nicht hauptsächlich darum, den Straftatbestand aufzuzeigen, sondern Öffentlichkeit zu erregen“, sagt Schmitz-Remy. Die Arzneimittelsicherheit werde „mit Füßen getreten, und die Kammern lassen uns offensichtlich im Stich“.

Bisher handele es sich meist um private Händler, die die Arzneimittel aus privaten Gebrauch verkauften. „Doch was mich beunruhigt ist die Frage, inwieweit Banden über mafiöse Strukturen Medikamente verkaufen können“, so der Apotheker.

Schmitz-Remy war etwa vier Stunden mit dem Fernsehteam unterwegs. Gedreht wurde auch in seiner Apotheke in Münster. Der Beitrag ist für das Format „Punkt 12“ geplant. RTL will Schmitz-Remy zufolge noch weitere illegale Angebote aufstöbern. Ein Sendetermin steht noch nicht fest.

Andere Gruppen wie „Aufbruch!Apotheke“ werden selbst aktiv. Gunner Witzmann hatte das Hormonpräparat Brevactid für 1 Euro über ebay bei einem privaten Händler aus Bayern ersteigert. Ende Juli hat er Anzeige gegen den Händler erstattet.

Von der bayerischen Landesapothekerkammer hatte Witzmann mehr Unterstützung erwartet. Dort wurde er an das zuständige Bezirksregierung verwiesen. Gleichzeitig hieß es aus München lediglich, dass nur bei Vorsatz eine Straftat vorliege, bei Fahrlässigkeit handle es sich dagegen um eine Ordnungswidrigkeit.

Einen Erfolg konnten die Apotheker bereits erzielen: Die Plattform Lonely Planet habe die Funktion nach Aufforderung der Apotheker umgehend stillgelegt. Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg sei untätig gewesen, kritisiert Witzmann. „Wir von 'Aufbruch!Apotheke' werden jedenfalls nicht eher Ruhe geben, bis die Gesetzeslücke geschlossen wird“, so Witzmann.