Selbstmedikation

Versandhandel: „Frontal dagegen“

, Uhr
Berlin -

Professor Dr. Curt Diehm, ärztlicher Direktor der Max-Grundig-Klinik nahe Baden-Baden und Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen und Sachbücher, argumentiert in einer Kolumne im Handelsblatt offen gegen den Versandhandel. Der Internist verweist auf die möglichen Gesundheitsrisiken, die gerade durch die leichtfertige Selbstmedikation entstehen können. Statt „Dr. Google“ zu fragen, sollten Patienten seiner Meinung nach häufiger den Rat des Apothekers einholen.

Selbstmedikation liege im Trend. Diese habe zwar auch Vorteile, wie die Entlastung der niedergelassenen Ärzte und die Verminderung der Kosten für die Krankenkassen. Jedoch seien die Folgen der eigenmächtigen Einnahme von OTC-Produkten vom Laien oft nicht absehbar.

Um schnell wieder fit und funktionstüchtig zu werden, fragten viele Verbraucher heutzutage bei jedem Zipperlein „Dr. Google“ – statt sich einen fachmännischen Rat einzuholen. Die Folgen davon seien ein unvorsichtiger Umgang mit freiverkäuflichen Arzneimitteln, schlimmstenfalls führten ungeahnte Neben- und Wechselwirkungen zur Einweisung in die Notaufnahme. Nicht wenige solcher Arzneimittel würden auch missbräuchlich verwendet, so Diehm.

Ganz oben auf der „Hitliste“ der Selbstmedikation stehen Schmerzmittel. Diehm erläutert, wie schwerwiegend die Folgeschäden der leichtfertigen Einnahme von Ibuprofen & Co. sein können: „Bei über 5 Prozent der Dialysepatienten waren es Schmerzmittel, die die Nieren zerstört haben.“ OTC-Analgetika würden generell zu häufig und in zu hohen Dosen eingenommen, ohne an Langzeitschäden zu denken.

Auch Überdosierungen und Wechselwirkungen seien ein unterschätztes Risiko. Bei der Dauermedikation mit Gerinnungshemmern oder Blutdrucksenkern könne die zusätzliche Einnahme von freiverkäuflichen Medikamenten schwere Wechselwirkungen mit sich bringen. Selbst vermeintlich harmlose pflanzliche Medikamente könnten Patienten schaden: „Es ist ein Irrglaube, dass Natur mit ,gut‘ und risikofrei gleichzusetzen ist“, so Diehm.

„Mit diesen simplen Beispielen will ich Ihre Sensibilität wecken“, schreibt der Mediziner in seiner Kolumne. Wer partout bei kleineren Beschwerden nicht den Arzt aufsuchen wolle, solle sich zumindest aktiv in einer Apotheke beraten lassen. Der Slogan „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ mache durchaus Sinn.

Dass in zwei von drei deutschen Apotheken nicht optimal beraten werde, sei nicht allein die Schuld des Apothekers. „Viele Käufer wollen gar nicht beraten werden.“ Zudem besorgten sich viele Verbraucher ihre Medikamente online. „Und das Internet stellt ganz sicher keine Fragen“, so Diehm. „Ich bin deshalb frontal dagegen, dass Medikamente aus dem Internet besorgt werden können.“ Die Herkunft und Qualität solcher Medikamente sei oft unklar. Sein Rat: „Wenn schon OTC-Medikamente, dann nur aus sicheren Quellen.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick
ePA: e(inreichen) P(apier) A(potheke)
Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken
OTC-Rezept: Kasse zahlt Botendienst nicht

APOTHEKE ADHOC Debatte