Baden-Württemberg

Unterschriftenaktion gegen Apothekenabriss

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Berlin -

Eine anonyme Unterschriftenaktion sorgt für Ärger im schönen Kneipp-Kurort St. Blasien: Das Modehaus Schmidt Arkaden bekommt einen modernen Neubau. Dafür muss nebenan ein über hundert Jahre altes Haus weichen – einer der Mieter ist die Apotheke Dr. Kammerer. Kurz vor dem Abriss äußert nun eine Gruppe Unbekannter mit Hilfe der Aktion „Nein zum Totalabriss der Apotheke Dr. Kammerer!!!“ ihren Unmut.

Die Initiatoren haben in Geschäften ihre Listen ausgelegt, rund 150 Menschen haben bisher unterschrieben: „Ein riesiges Kaufhaus passt nicht in das kleine St. Blasien!“ Viele Bewohner des 4000-Einwohner-Ortes im Hochschwarzwald wundern sich über diese Vorgehensweise, denn das Projekt wurde nach allen Regeln der Demokratie in sämtlichen zuständigen Gremien ausführlich behandelt und anschließend genehmigt.

Was die Initiatoren erreichen wollen, erscheint rätselhaft. Auch Apotheker Alexander Dehm ist angesichts der kursierenden Listen erstaunt: „Ich weiß nicht, wer diese Aktion gestartet hat. Für eine Unterschriftenaktion gegen den Bau ist es definitiv zu spät, das Projekt ist ja schon länger bekannt. Die Abbruch-Genehmigung liegt vor, am Abbruch des Hauses führt kein Weg vorbei.“

Bauherr der „Schmidt-Arkaden“ ist das Modehaus Schmidt, Dehm ist dessen Mieter. Er zieht mit seiner Apotheke gerade um. Während der Bauarbeiten und bis zur Fertigstellung des Neubaus, in dem neben dem Modehaus auch seine Apotheke eine neue Adresse bekommen wird, betreut er seine Patienten von einem Übergangsdomizil in der ehemaligen Postfiliale aus. In zwei Jahren soll der Neubau eröffnet werden.

Bis Ende der Woche soll Dehms Umzug abgeschlossen sein. „Unsere Kunden nehmen die neuen Räumlichkeiten gut auf“, sagt er, „aber jeden Tag fragen auch viele, warum das alte Haus abgerissen wird.“ Eine Frage, die zu spät kommt, denn das Schicksal des Gebäudes ist besiegelt. Dehm sagt: „Eine Stadt steht immer vor zwei Schwierigkeiten, sie soll und will einerseits Dinge erhalten, andererseits soll und darf sie die Entwicklung in die Zukunft aber auch nicht bremsen. Natürlich sind historische Bauten wichtig, aber die Stadt muss auch darauf achten, dass sie wachsen kann.“

Die „Schwäbische Zeitung“ berichtet, dass Unbekannte vor der Unterschriftenaktion im Name einer „Gruppe von Bürgern“ einen anonymen Brief an das Modeunternehmen geschickt hatten, in dem sie beklagten, „dass Sie ausgerechnet dieses schöne, herrschaftliche Gebäude wegräumen wollen – ohne wenigstens die Fassade zu erhalten.“ Das Haus, dessen Tage nun gezählt sind, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut und steht nicht unter Denkmalschutz. Im Jahr 1902 eröffnete hier die Apotheke Dr. Kammerer, sieben Jahre später übernahm der Elsässer Léon Kammerer die Apothekenrechte. 1911 heiratete er Ervina, ein Fräulein aus Lausanne, das französisches Flair und Eleganz nach St. Blasien brachte.

1948 starb Léon Kammerer an einem Herzinfarkt, sein Sohn übernahm die Apotheke. Er verunglückte tödlich bei einem Skiunfall in den Schweizer Bergen, danach übernahm Tochter Helene das Zepter. Seit 2009 führen Katharina und Alexander Dehm die Apotheke Dr. Kammerer. Bei den Vorbereitungen für den Umzug entdeckten sie im Fundus der Apotheke ein Herbarium, das aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts stammt. Am neuen Ort soll es eine gebührend schöne neue Heimat finden. Die künftige Apotheke Kammerer wird nach der Zwischen-Dependance im Postamt im Neubau der Schmidt Arkaden auf 210 Quadratmetern in allerbester St.Blasier Lage residieren.

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