Foodwatch ./. Unilever

Wissenschaftler darf für Becel werben

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Hamburg -

Seit mehr als drei Jahren streitet die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch mit dem Lebensmittelhersteller Unilever. Dabei geht es um die Margarine Becel Proaktiv, die mit der Botschaft beworben wird, den Cholesterinwert zu senken. Foodwatch wollte verbieten, dass Unilever mit dem Wissenschaftler Professor Dr. Hans-Ulrich Klör für das Produkt wirbt. Die Klage scheiterte heute vor dem Oberlandesgericht Hamburg (OLG).

Zunächst hatte Foodwatch gefordert, dass Becel Proaktiv aufgrund seiner vermeintlichen Wirkung in die Apotheke und nicht in den Supermarkt gehöre. Damit hatten die Verbraucherschützer bisher keinen Erfolg. Zuletzt ging es um die Bewerbung des Produktes. Klör wird zitiert, aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keinen Hinweis, dass der Verzehr von Produkten, die mit Pflanzensterinen angereichert sind, zu Nebenwirkungen führen könnte. Das Hamburger Landgericht sah darin Ende 2012 kein Problem. Klörs Aussage wertete das Gericht als Meinungsäußerung – und nicht als Tatsachenbehauptung.

Diesem Urteil schloss sich das OLG an: Die Klage sei „abgeschmettert“ worden und bedeute einen „Sieg für die Konsumenten“, freut man sich bei Unilever. Das Gericht befand, dass es sich bei Klörs Aussage um eine freie Meinungsäußerung handelt, nicht um eine Tatsachenbehauptung. Unilever werde daher weiterhin mit der Meinung von Klör werben.

Unilever begrüßt die Entscheidung: „Foodwatch ist der klare Verlierer. Viel wichtiger aber ist: Gewonnen haben die Konsumenten.“ Vor Gericht ging es nur um die Werbung, nicht um die Wirksamkeit von Becel Proaktiv. Diese sei allerdings erst im vergangenen Jahr durch ein Expertengremium aus 21 internationalen Wissenschaftlern bestätigt worden, heißt es von Unilever. Foodwatch habe die Ergebnisse jedoch einfach „ignoriert“.

Foodwatch will zunächst die Urteilsbegründung abwarten, dann aber „sehr wahrscheinlich“ Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Verbraucher seien vor Gesundheitsrisiken und irreführenden Aussagen nicht ausreichend geschützt. „Wir haben jetzt eine absurde Situation: Unilever darf öffentlich die Meinung vertreten, dass es keinen Hinweis auf Nebenwirkungen von Becel Proactiv gibt – gleichzeitig können wir belegen, dass eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen auf gesundheitliche Risiken hinweist“, so der stellvertretender Geschäftsführer, Matthias Wolfschmidt.

Noch gibt Foodwatch nicht auf. Am Montag beantragte die Organisation bei der EU-Kommission, Becel Proactiv die Zulassung als Lebensmittel zu entziehen. Von Unilever fordern die Verbraucherschützer weiterhin, die Margarine vom Markt zu nehmen. „Ein solcher Cholesterinsenker sollte allenfalls als Medikament mit arzneimittelrechtlicher Zulassung vermarktet werden, falls Nutzen und Sicherheit irgendwann einmal belegt werden können“, meint Wolfschmidt. Unilever wehrt dieses Vorgehen als „Kampagnenschmutz“ und das Zünden einer neuen „PR-Nebelkerze“ ab.

Weiterhin im Raum steht zudem die Anschuldigung, dass das Produkt bei gesunden Menschen sowie durch eine erhöhte Konzentration der zugesetzten Pflanzensterine den genau gegenteiligen Effekt haben könnte. „Menschen mit normalen Cholesterinwerten sollten auf den Verzehr von Lebensmitteln mit zugesetzten Pflanzensterinen verzichten“, hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) dazu 2008 mitgeteilt.

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