Komplementärmedizin

Uni Tübingen bekommt Globuli-Professur

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Berlin -

An der Universität Tübingen wird der erste Lehrstuhl für „Naturheilkunde und Integrative Medizin“ in Baden-Württemberg eingerichtet. Das hat das grün-schwarze Regierungskabinett beschlossen. Der Lehrstuhl für Komplementärmedizin ist bereits jetzt umstritten, Homöopathie-Kritiker befürchten, dass er der akademischen Aufwertung von Globuli & Co. dienen soll.

Mit der Kabinettsentscheidung wurde eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von 2016 umgesetzt. Darin heißt es, dass die grün-schwarze Landesregierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Forschung im Bereich der Komplemtärmedizin fördern wolle: „Ziel ist es, dass alternative Heilmethoden langfristig in die Normalversorgung integriert und in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden“, steht da im Kapitel Gesundheitsversorgung.

Dass der Lehrstuhl in Tübingen, an einer der renommiertesten Universitäten der Republik, eingerichtet wird, wurde nun per Kabinettsbeschluss festgelegt. Dass er der Universität angegliedert wird, heißt aber nicht, dass er auch in der Studentenstadt unterkommt: Seinen Sitz wird er nämlich am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus haben. Auch das Geld kommt von der Robert-Bosch-Stiftung, zumindest in den ersten fünf Jahren. Die langfristige Finanzierung stelle die Landesregierung sicher, wie sie mitteilt.

Bis der Lehrstuhl den Lehr- und Forschungsbetrieb aufnimmt, wird aber noch ein knappes Jahr ins Land gehen. Die Einrichtung des Lehrstuhls befinde sich „noch in einer sehr frühen Phase“, wie die Universität Tübingen auf Anfrage mitteilt: Zuerst wird die Fakultät einen Konzeptvorschlag vorlegen, dieser geht dann den regulären Weg durch die Gremien der Universität und des Universitätsklinikums. Danach muss das baden-württembergische Wissenschaftsministerium die Professur genehmigen und erst dann wird sie ausgeschrieben und das übliche Berufungsverfahren durchgeführt. „Mit einer Besetzung vor dem Herbst 2019 ist deshalb nicht zu rechnen“, so eine Sprecherin.

Der Lehrstuhl sorgt schon jetzt – ein Jahr bevor es ihn überhaupt gibt – für hitzige Debatten. „Die neue Professur soll die Verfahren und Methoden der Naturheilkunde und der Integrativen Medizin wissenschaftsgeleitet erforschen und wird damit einen Beitrag leisten, Potenziale zu heben“, kündigt die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer an. Parteikollege und Sozialminister Manne Lucha pflichtet ihr bei: „Die Erforschung und Lehre komplementärmedizinischer Methoden sind ein wichtiger Baustein zur Erhöhung der Patientensicherheit sowie zur festen Verankerung entsprechender Therapieangebote in der Versorgung der Patientinnen und Patienten.“

Genau da widersprechen Gegner von Alternativmedizin und insbesondere Homöopathie. „Bei vielen Kollegen – bei mir auch – löste das Thema Sorgen aus“, zeigt sich der Tübinger Medizin-Dekan Professor Dr. Ingo Autenrieth diplomatisch gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ). Unter dem Begriff Komplementärmedizin finde sich auch viel Unsinniges, deshalb müsse die Professur darlegen, „wie es derzeit mit der Evidenz aussieht“. Er fordert, dass es der Lehrstuhl öffentlichkeitswirksam vermittelt, wenn sich untersuchte Verfahren an wissenschaftlichen Standards gemessen als unwirksam herausstellen.

Weniger diplomatisch drückt sich Dr. Norbert Schnacke aus. Der Gesundheitswissenschaftler und prominente Homöopathiegegner stößt sich vor allem an der Ankündigung von Landesregierung und Uni, dass am Lehrstuhl alternativmedizinische Methoden erforscht werden sollen, die ergänzend zur Krebstherapie eingesetzt werden. „Ich kenne kein alternatives Heilverfahren, das den Verlauf einer Krebserkrankung positiv beeinflusst, auch wenn dies die Vertreter von Homöopathie & Co. gebetsmühlenartig behaupten“, so Schnacke zur SZ. „Dass alternative Heiler schaden, indem sie zum Teil von wirksamen Therapien abraten, ist bitter bis kriminell.“ Die Einrichtung des Lehrstuhles werde nur zu einer akademischen Aufwertung einer „Zauberei mit Zuckerkügelchen“ führen.

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