Auf die Johanniter Unfallhilfe könnte ein erster Haftungsfall nach einem Hausnotruf zukommen. Der Bundesgerichtshof verwies eine Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld zurück an das Berliner Kammergericht. Die Karlsruher Richter machten dabei deutlich, dass die Johanniter ihre Hilfeleistungspflicht in dem Fall „grob vernachlässigt“ haben.
Der mittlerweile verstorbene Kläger hatte in seiner Wohnung eine Notrufanlage. Im April 2012 betätigte der damals 78-Jährige diese, woraufhin zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, aber keine Rettungskräfte geschickt wurden. Zwei Tage später wurde bei dem Mann ein nicht ganz neuer Schlaganfall festgestellt, der ihn halbseitig gelähmt und mit einer Sprachstörung zurückließ.
Seine Töchter verlangen deshalb mindestens 40.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz. In den Vorinstanzen blieben sie damit erfolglos. „Das scheint uns schon ziemlich daneben zu sein“, sagte der Vorsitzende Richter, Ulrich Herrmann, in der Verhandlung.
Minutenlang sei über den Notruf nur ein Stöhnen zu hören gewesen. Ein akuter medizinischer Notfall habe sich deshalb aufgedrängt, so das Urteil. Mitarbeiter mit einer bloßen Erste-Hilfe-Ausbildung zu schicken, sei keine angemessene Hilfe gewesen.
Der Bundesgerichtshof zweifelte außerdem daran, dass die Berliner Richter objektiv an die Sache herangegangen sind. Entscheiden muss deshalb nun ein anderer Senat. Dabei wird es neben der Höhe des Schadenersatzes darum gehen, ob die Pflichtverletzung der Johanniter ursächlich war für Lähmung und Sprachstörung des Mannes.
In der Regel muss das der Kläger beweisen. Umgekehrt ist die Beweislast etwa bei groben Behandlungsfehlern eines Arztes. Diesen Grundsatz übertrug der Gerichtshof nun auf den Hausnotrufvertrag.
Für die Johanniter, deren Hausnotruf bundesweit mehr als 150.000 Menschen nutzen, ist dies die erste solche Haftungsklage. Auch Verbraucherschützer haben bisher keine weiteren Beschwerden erreicht. Kommentieren wollte der Verein das Urteil am Donnerstag nicht.
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