Rassismus-Debatte

Unbekannte legen Mohren-Apotheke in Ketten

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Berlin -

Es ist ein wenig ruhiger geworden um die Mohren-Apotheken: Im Frühjahr und Sommer standen einige von ihnen im Rahmen von Black-Lives-Matter-Protesten und Rassismus-Debatte in der Kritik. Zwei wurde gar Ziel von Vandalismus. Nun ist eine dritte hinzugekommen: Unbekannte haben das M im Namen der Mohren-Apotheke in Ulm mit Ketten verhängt. „Ich hatte mich schon gewundert, dass das an mir vorbeigeht“, sagt Inhaberin Barbara Itschert-Warth. „Aber jetzt hat es mich doch noch erwischt.“

Bisher Unbekannte haben sich am Schriftzug der Ulmer Mohren-Apotheke zu schaffen gemacht: Das M im Namen haben sie mit Ketten verhängt, inklusive Vorhängeschloss – mutmaßlich eine Anspielung auf die Sklaverei und die damit verbundene Geschichte des Begriffs. Anders als in Kiel und Kassel, wo sich ähnliches ereignet hat, stand Itschert-Warth allerdings vorher nicht im Mittelpunkt einer Debatte um den Namen ihres Betriebs. Und das, obwohl in Ulm den ganzen Sommer über das Wort Mohr diskutiert wurde: So hatte ein Stadtrat vorgeschlagen, die Mohrengasse umzubenennen, über ein Café namens „Mohrenköpfle“ wurde debattiert und zuletzt stand die Krippe im Ulmer Münster im Kreuzfeuer. Die Darstellung des Melchior wurde als rassistisch überzeichnet kritisiert – letztlich entschied sich die Kirche deshalb, die Krippe dieses Jahr ohne die Heiligen Drei Könige aufzustellen.

All diese Debatten gingen größtenteils an der Mohren-Apotheke vorbei – zumindest gab es dort keine Petitionen und Demonstrationen. „Wir haben zwar zahlreiche E-Mails erhalten und manche Kunden haben uns auf das Thema angesprochen, aber das Verhältnis lag bei neun zu eins: Die allermeisten wollten uns nur bestärken, den Namen beizubehalten“, sagt Itschert-Warth. Letztlich traf es sie dann aber doch.

Allerdings nimmt Itschert-Warth es äußerst gelassen: „Ich würde das nicht Vandalismus nennen. Es war ganz harmlos, nichts wurde beschädigt. Das war einfach eine Geste“, sagt sie. Im ersten Moment sei sie etwas besorgt gewesen wegen des Schlosses. „Aber die Kette war dann ganz leicht wieder abzuhängen. Das einzige, was wir brauchten, war eine große Leiter.“ Das einzige, was sie geärgert habe, sei die Tatsache, dass ein Foto der Aktion anonym der Presse zugespielt wurde und ohne ihre vorherige Zustimmung in der Lokalzeitung veröffentlicht wurde. Aber auch darüber könne sie hinwegsehen. „Die Gegner haben ihre Aufmerksamkeit bekommen und dann ist es auch gut damit.“

Auch deshalb wendete sich Itschert-Warth nicht einmal an die Polizei. Anders als ihre Kollegin Christina Hartmann in Kassel: Dort hatten Unbekannte das M in Namen abgeklebt und den Betrieb so zur „Ohren-Apotheke“ gemacht. Hartmann benachrichtigte die Polizei – und da es sich mutmaßlich um eine politische Tat handelte, schaltete sich der Staatsschutz ein. Ähnlich war es in Kiel, wo Inhaber Jens Rath entdecken musste, dass Unbekannte seine Apotheke per Spraydose zur „Möhren-Apotheke“ machten. Auch Rath nahm es allerdings gelassen: Er hatte schließlich bereits zuvor angekündigt, seine Apotheke umzubenennen.

Das will Hartmann hingegen nicht, sie hat lange Auseinandersetzungen mit der Anti-Rassismus-Aktivistin Ruth Hunstock ausgetragen, die unter anderem mit einer Petition eine Umbenennung erreichen will. Hartmann wehrt sich dagegen – beide argumentieren dabei mit der Geschichte des Begriffs, die laut Hunstock dessen rassistische Natur belegt und laut Hartmann das Gegenteil.

Auch Itschert-Warth will ihren Namen behalten, zeigt sich aber offen für die Kritik. „Der Name ist vielleicht altertümlich, aber keineswegs rassistisch, sondern liebevoll gemeint“, sagt sie. Und auch altertümlich ist in Bezug auf die Apotheke nichts Abwertendes: Denn sie ist die älteste in Ulm. „Diese Apotheke gibt es seit 1568 und ich denke mir, so eine alte Apotheke darf so einen Namen auch führen.“ Bereits in der fünften Generation ist sie nun in Familienhand. „Ich habe die Apotheke so von meiner Großmutter übernommen und diese Tradition will ich auch fortführen. Über eine Umbenennung könnte sich mein Nachfolger Gedanken machen – wenn ich einen finde.“

 

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