Vor 25 Jahren ausgewandert

Ukrainische Apothekerin: „Meine Heimatstadt liegt in Trümmern“

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Berlin -

Das post-sowjetische System hat Apothekerin Swetlana Bantschukow vor 25 Jahren zum Auswandern aus der Ukraine bewogen. Die damals 33-Jährige verließ mit ihrer Familie Charkiw. Der jetzt seit mehr als zwei Monaten dauernde Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine nimmt sie emotional mit. „Ich bin absolut dafür, die ukrainische Armee mit schweren Waffen zu unterstützen. Wenn die Ukrainer es nicht schaffen, haben wir den Krieg hier“, sagt die Inhaberin der Sonnen-Apotheke in Hessisch Oldendorf. Die Ukrainer:innen kämpften für die zivilisierte Welt, betont sie.

Bantschukow stammt aus Charkiw. „Es ist eine russischsprachige Stadt, Russisch ist meine Muttersprache“, sagt die Apothekerin. Der Schock über den Angriff sitzt noch immer tief. „In der ersten Woche hatte ich immer Tränen in den Augen.“ Seit den ersten Bombardierungen verfolge sie die Nachrichten aus der Ukraine ohne Unterbrechung. Glücklicherweise sei fast die ganze Familie in Deutschland. Aber eine kranke und bettlägerige Cousine sowie Freunde seien noch vor Ort.

Eine Studienfreundin helfe als Apothekerin in der medizinischen Versorgung mit, sagt Bantschukow. „Wir haben ihr angeboten, sie in Polen abzuholen, aber sie hat gesagt, sie ist gesundheitlich zu schwach und will zu Hause in ihrem Bett sterben.“ Andere Freunde seien nach England geflohen. Für die Cousine werde derzeit überlegt, wie sie – eventuell über eine Hilfsorganisation – herausgeholt werden könne. „Wir alle wollen unser altes Leben zurück. Meine Heimatstadt liegt in Trümmern und ist eine Ruine“, sagt sie.

Nach 25 Jahren zurück in die Heimat

Erst im vergangenen Jahr war die Liebe zur Ukraine neu entflammt. Denn seit Bantschukow ihr Heimatland verlassen hatte, war es ihr „grau“ in Erinnerung geblieben. Im Urlaub habe sie sich lieber Richtung Süden aufgemacht. „Ich habe die Ukraine verlassen, weil ich mit dem sowjetischen System nicht klar gekommen bin. Ich war immer für Freiheit und Menschenrechte.“ Beim ersten Besuch in Kiew 2021 nach 25 Jahren lernte sie eine neue Ukraine kennen, wie sie betont. „Ich war so begeistert“, sagt die Apothekerin. Die Stadt sei „cool und die Menschen offen und gut angezogen“ gewesen. Schon im Flieger von Berlin aus seien ihr die vielen jungen Menschen aufgefallen. „Zwei Drittel der Passagiere waren deutsche Jugendliche.“

Weil sie die Frage nicht losließ, was sie in Kiew wollten, fragte ihr Mann nach. „Sie haben uns erzählt, dass die besten Clubs in Europa in Kiew sind. Sie wollten sich dort amüsieren.“ Das verlängerte Wochenende in der ukrainischen Hauptstadt habe sie begeistert. „Die Stadt war eine Mischung aus Lissabon und Buenos Aires. Ich habe gesagt, dass ich im nächsten Jahr mit meinen Enkeln wiederkommen werde.“

Ukrainer:innen wollen ihr Leben leben

Doch daraus wurde nichts. Der Angriffskrieg änderte alles. Spannungen habe es schon lange gegeben, sagt sie. Ihr Mann habe bereits vor zehn Jahren vor einem Krieg gewarnt. „Es gibt eine Redewendung: Die Ukrainer wollen lieber Kaffee in Brüssel als Wodka in Sibirien trinken.“ Die Bevölkerung in der Ukraine sei wohlhabender als in Russland. „Die russische Weltansicht will man dort nicht mehr.“ Der Angriff sei ungerecht, da die Menschen keinen Krieg haben, sondern nur ihr Leben leben wollten.

Bantschukow und ihre Angestellten setzen sich für humanitäre Hilfe ein, sammeln Spenden und begleiten Kriegsflüchtlinge in Deutschland bei Behördengängen oder helfen bei der Wohnungssuche. Auch ihre Tochter ist Apothekeninhaberin und mit einem russischen Musiker verheiratet. Das Paar lebt in Bayern und engagiert sich ebenfalls. „Die Menschen hier sind großartig, man kann sich nicht vorstellen, wie sehr sie helfen. Das ist überwältigend.“

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