Bei vielen neuen Medikamenten gegen seltene Krankheiten ist einer Studie zufolge der zusätzliche Nutzen gegenüber existierenden Mitteln unklar. Von knapp 600 Millionen Euro, die im vergangenen Jahr in Deutschland für diese sogenannten Orphan Drugs ausgegeben wurden, sei bei fast einem Drittel der Zusatznutzen nicht durch Daten belegt gewesen.
Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), für das ARD-Magazin „Plusminus“ und das „Handelsblatt“. Der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) habe bei fast der Hälfte aller zwischen 2011 und 2015 zugelassenen Orphan Drugs diesen „nicht quantifizierbaren“ Zusatznutzen festgestellt.
Als Anreiz für die Forschung nach Medikamenten gegen seltene Krankheiten können Pharmaunternehmen von den Zulassungsbehörden den Orphan-Drug-Status erhalten. Damit verbunden sind bessere Konditionen auf dem Weg zur Zulassung sowie eine gewisse Marktexklusivität, die für die Pharma-Unternehmen eine freiere Preisgestaltung ermöglicht.
Kritiker behaupten, dass Firmen diese Möglichkeit ausnutzten. So werde die Krankheit Krebs in viele verschiedene Krebsarten unterteilt, um so mehrere Orphan Drugs auf den Markt zu bringen. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) hält dem entgegen, häufige Erkrankungen dürften gar nicht unterteilt werden. Das überwache etwa die europäische Zulassungsbehörde EMA.
Die „Plusminus“ Sendung mit dem Thema „Pharmaindustrie: Seltene Krankheiten als Geldquelle“ läuft heute Abend um 21.45 Uhr im Ersten.
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