Cannabis boomt in Apotheken, in Deutschland wie in der Schweiz. Apotheker Manfred Fankhauser gilt bei den Patienten in der Schweiz als großer Held. Sein Cannabis-Öl habe das Leben vieler Patienten verändert. In einem Film zeigt 3Sat am 21. Juni um 12.30 Uhr den Weg des Cannabis-Apothekers.
In einem ehemaligen Fahrradraum hat Fankhauser heute einen „Hochsicherheitstrakt“ zur Herstellung der Cannabis-Tropfen. Sicherheitsglas und Bewegungsmelder sollen den Raum schützen. Etwa fünf Gramm des reinen THC, mit dem der Apotheker arbeitet, würden etwa 250 Joints ergeben. Fankhauser will das in Vergessenheit geratene Arzneimittel wieder salonfähig machen.
In der Schweiz ist er der einzige Apotheker, der eine Erlaubnis zum Anbau und zur Verarbeitung von Cannabis hat. Waren es anfangs fünf Patienten, versorgt Fankhauser heute etwa 600 Betroffene, darunter etwa Zweidrittel Schmerzpatienten, die beispielsweise an Multipler Sklerose (MS) oder Rheuma leiden. Mit dem heutigen Ausmaß hatte der Pharmazeut nicht gerechnet.
Er sieht sich als kleinen Mosaikstein aus der Praxis, der den Patienten Cannabis wieder zugänglich gemacht hat. Seine Tropfen machen weder süchtig noch high, sie können die Patienten nicht heilen, aber die Krankheit und das Leben erträglicher gestalten.
Der Bauernsohn ist mit sechs Geschwistern aufgewachsen. Als neugieriges Kind und schlechter Schüler ist Fankhauser groß geworden und wusste zuerst nicht so recht, was er werden sollte. Er machte zunächst eine Verkehrsschule und eine kaufmännische Ausbildung, erst dann besuchte er das Gymnasium und studierte Pharmazie. Einen Masterplan hatte er nie. Heute ist er Cannabis-Experte.
Seine Motivation: Er möchte, dass die Patienten zu ihrem Medikament kommen. Nachzulesen sind seine Kenntnisse in seiner Doktorarbeit: Haschisch als Medikament. Er gewann Hanf aus Zitronenschalen und stellte bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Forschung. Sein THC hatte zu Beginn nichts mit Cannabis zu tun.
Als sich 2011 die Gesetzgebung in der Schweiz änderte, stellte er Cannabis-Öl aus Blüten her, das heute vielen Patienten das Leben mit der Krankheit erleichtert. Die 90-Jährige Elsbeth Witschi kann wieder laufen, sie hat sich sogar einen Hometrainer zugelegt. Ohne die Tropfen sei das alles nicht möglich, sie müsste wieder liegen, wäre antriebslos und ohne Energie.
Vielen Senioren wäre geholfen, wenn Cannabis leichter zugänglich wäre, so der Bericht. Bislang müssen die Hausärzte die Therapie bei der Behörde beantragen, vorausgesetzt alle herkömmlichen Therapieversuche sind gescheitert. Die austherapierten Patienten dürfen erst nach Genehmigung mit der Cannabis-Behandlung beginnen.
Das Potenzial ist groß, dennoch warnt Fankhauser vor übermäßigen Erwartungen, man müsse bei den Patienten falsche Erwartungen dämpfen, so der Pharmazeut. Dennoch konsumieren etwa 100.000 Schweizer ohne Erlaubnis Cannabis, um ihre Schmerzen zu behandeln. Die Politik müsse etwas tun, damit sich nicht so viele Menschen kriminalisieren. Gefragt ist aber auch die Pharmaindustrie. Nur wenige forschen, schließlich sei die Pflanze nicht patentierbar und das Produkt billiger als die herkömmlichen Schmerzmittel.
In den sechziger Jahren war Cannabis die Hippie-Droge – konsumiert von „Nichtstuern aus Leidenschaft“. Erst später wurde erkannt, THC kann nicht nur berauschen sondern auch heilen. Das weltweite Verbot war ein Kampf des Amerikaners Harry Jacob Anslinger, der Propaganda gegen Cannabis führte. Filme mit hysterischen Mördern und kichernden Frauen verbreiteten Angst und Schrecken. Im Jahr 1961 folgte das weltweite Cannabis-Verbot, das von Anslinger forciert wurde.
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