Zum dritten Mal in einem Monat hat das ZDF-Magazin „Frontal21“ das Thema Arzneimittel aufgegriffen. Mitte März war die Beratungsleistung der Apotheker zu Kombipräparaten in der Kritik, es folgte ein Beitrag zur Tablettenabhängigkeit. Gestern war die DKV im Visier: Die private Krankenversicherung verweigert demnach Patienten die Erstattung von Schmerzmitteln, weil sie einen Missbrauch vermutet.
In dem Beitrag ging es um zwei Unfallopfer, die wegen starker Schmerzen auf Opioide angewiesen sind. Obwohl die Medikamente regelmäßig von Schmerzmedizinern verordnet werden, verweigert die DKV demnach die Erstattung. Der hauseigene Arzt habe festgestellt, dass: „… als Diagnose eine Opiatabhängigkeit im Raume steht, bei welcher ein Entzug von Opiaten angezeigt ist.“
Die beiden Patienten haben gegen die DKV geklagt und zahlen die Medikamente vorerst selbst. Fünf- beziehungsweise sechsstellige Beträge seien bereits in die Therapie investiert worden. In einem der beiden Fälle kommt Dr. Jan-Peter Jansen, Ärztlicher Leiter des Schmerzzentrums Berlin, zu Wort: Angesichts des guten Ansprechens auf die Behandlung und der stabilen Dosis sei die Behandlung sinnvoll und sollte fortgesetzt werden.
Um Stellungnahme gebeten, fordert die DKV den Versicherten auf, sich von einem weiteren Schmerztherapeuten untersuchen zu lassen. „Die Bewertung dieses [...] Arztes werden wir dann zur Grundlage machen, um den laufenden Streit beizulegen“, zitiert Frontal21 aus einer Stellungnahme.
Im zweiten Fall hat die PKV für die Monate Februar und März erst einmal wieder gezahlt. Wie es weitergehe, sei offen, heißt es in dem Beitrag. Die DKV wolle „... eine mögliche Suchterkrankung nicht fördern und [...] daher [...] die medizinische Notwendigkeit von neutraler, externer Seite, gegebenenfalls vor Gericht, überprüfen lassen“, zitiert Frontal21.
Dr. Reinhard Thoma, Chefarzt des Algesiologikums in München, findet es unverantwortlich, dass eine hauseigene DKV-Ärztin nach Aktenlage begutachtet: „Es gibt nur wenig Kollegen, die sich schmerzmedizinisch weiterbilden. So geht es auch bei hausinternen Medizinern von Versicherungen. Daher kommen abstruse, am grünen Tisch getroffene Entscheidungen, die sich verhindern lassen würden, wenn man einen Spezialisten zuziehen würde.“
Dr. Gerhard H.H. Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, erklärt, solche Fälle seien tägliche Praxis. „Die gefühlten ökonomischen Zwänge von Krankenversicherungen führen immer mehr zu solch abstrusem Verhalten, dass die Patienten, die notwendige Behandlungen und Medikamente brauchen, sich rechtfertigen müssen, die Behandlungen, die Medikamente verweigert bekommen und diese eigentlich nur gerichtlich durchsetzen können und sie kommen unter die Räder. Und das führt auch immer wieder dazu, dass diese Patienten ihrem Leben dann ein Ende setzen, weil sie es nicht mehr aushalten.“
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