NDR: Apotheken genügen ABDA-Anspruch nicht Franziska Gerhardt, 13.05.2014 16:58 Uhr
Die NDR-Sendung „Markt“ hat getestet, ob Apotheken bei der Beratung den eigenen Ansprüchen genügen. Die Tester ließen sich in zwölf Apotheken stichprobenartig zum Thema Hausapotheke beraten. Messlatte für die Bewertung war ein ABDA-Video, das zeigt, wie ein Hausapotheken-Check ablaufen sollte. Thema war die Bestückung und Aktualisierung der Hausapotheke. Die ABDA empfiehlt, sich einmal im Jahr dazu beraten zu lassen, am besten in der Apotheke, und hatte mit dem Thema 2012 ihre Kampagne „Unsere Leistung für Ihre Gesundheit“ beginnen lassen. Das Fazit der TV-Tester fiel dagegen harsch aus: „Die Beratung war in einigen Fällen nicht mehr als ein Verkaufsgespräch, um Kasse zu machen.“
In dem Video warnt ein Apotheker zum Beispiel vor einem starken Schmerzmittel, das erst nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden sollte. Außerdem sortiert der Musterapotheker angebrochene Antibiotika und bereits geöffnete Augentropfen aus, ebenso Präparate mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum. Zum Schluss wird der Kundin noch angeboten, einen fehlenden Beipackzettel auszudrucken. Soweit die ideale Beratung nach Ansicht der ABDA.
Für die Stichproben stellten die NDR-Redakteure eine ähnliche Hausapotheke wie in dem Video zusammen. Hinein kam auch das Mittel Limptar gegen Wadenkrämpfe, das zurzeit zwar frei erhältlich ist – das BfArM fordert wegen der bekannten Nebenwirkungen jedoch die Verschreibungspflicht. Die Tester erwarteten, dass die Apotheker darauf hinweisen.
Nach den verdeckten Tests ist das Fazit: In drei Apotheken wurde der Kunde nicht darauf aufmerksam gemacht, das angebrochene Antibiotikum zu entsorgen. Fünf Apotheker wiesen nicht darauf hin, vor der Einnahme des verschreibungspflichtigen Schmerzmittels einen Arzt zu konsultieren. Nur zwei Apotheker benannten die möglicherweise bevorstehende Verschreibungspflicht für das Wadenkrampfpräparat. Die zusätzliche Serviceleistung, einen fehlenden Beipackzettel auszudrucken, wurde nur in einer einzigen Apotheke angeboten.
Die ABDA schrieb dem NDR dazu: „Wenn ein Apotheker die vom Patienten mitgebrachte Hausapotheke überprüft, dann ist das eine freiwillige und zusätzliche Dienstleistung des Apothekers, auf die der Patient nicht im eigentlichen Sinne ein Recht hat.“ Trotzdem solle diese Dienstleistung, wenn sie denn durchgeführt werde, den gängigen Qualitätsstandards entsprechen. Auch seien Apotheker nicht verpflichtet, unbrauchbare Medikamente beziehungsweise Arzneimittelmüll zu entsorgen.
Die Empfehlungen der überprüften Apotheker, welche Medikamente überhaupt in die Hausapotheke gehören, waren sehr unterschiedlich: Während eine Apothekerin nur bescheidene 1,70 Euro für ein Schmerzmittel verlangte, stellte eine andere einen Warenkorb im Wert von über 94 Euro zusammen, der auch Zink und Magnesium enthielt.
Der vom NDR befragte Gesundheitsökonom Professor Dr. Gerd Glaeske sagte dagegen, Zink und Magnesium seien in einer Hausapotheke überflüssig. Die Medikamente darin sollten insgesamt zwischen 25 und 30 Euro kosten. Bei einem Testkauf des NDR sei der Kunde „abgezockt“ worden, so Glaeske.
Glaeske hält die von der ABDA herausgegebene „Checkliste Hausapotheke“ insgesamt für zu ausführlich. Ein Drittel der Empfehlungen seien überflüssig. So müssten Mittel gegen Allergien, Sonnenbrand und Verstopfung laut Glaeske nur bei einer konkreten Erkrankung gekauft werden.
Die Redakteure bemängelten zudem eine teilweise zu kurze Beratungsdauer von nur wenige Minuten. Die ABDA schreibt dazu: „Wie lange ein Hausapothekencheck dauert und welche Medikamente in die individuelle Hausapotheke gehören, hängt vom Einzelfall ab.“ Der Einzelfall war allerdings bei allen Testkäufen gleich und erbrachte trotzdem sehr unterschiedliche Ergebnisse.