Tschechien

Forscher empört mit „Missgestalten“-Zitat

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Prag -

Ein wissenschaftlicher Beitrag über die Abtreibung von behinderten Kindern hat in Tschechien große Empörung ausgelöst. Der Jurist und Professor Dr. Miroslav Mitlöhner hatte geschrieben, dass das Gesetz Ärzten die Abtreibung von sehr schwer behinderten Embryos erlauben sollte – und das notfalls auch ohne Einwilligung der Eltern. Sozialministerin Michaela Marksova kündigte an, Mitlöhner aus dem wissenschaftlichen Beirat ihres Ministeriums auszuschließen.

Der Behindertenverband des EU-Staats zeigte sich empört. Als „nazistisches Gedankengut“ verurteilte der Vorsitzende des Verbands, Vaclav Krasa, die Überlegungen Mitlöhners. „Aus Ärzten würden dann Nachfolger von (Nazi-Kriegsverbrecher Josef) Mengele“, sagte Krasa der Zeitung „Pravo“. Besonderen Anstoß nahm er an der Verwendung des Begriffs „Missgestalten“ für behinderte Föten. Mitlöhner entgegnete, es handele sich dabei um ein Zitat. Er habe eine Diskussion anstoßen wollen.

In seinem Beitrag behauptet der Jurist unter anderem auch, mit Blick auf das „gesellschaftliche Interesse an einer gesunden Population“ solle die Abtreibung bei „ernsten Anomalien“ nicht nur rechtlich erlaubt, sondern sogar verpflichtend sein. Der in der Prager Zeitschrift für Medizinrecht und Bioethik veröffentlichte Beitrag ist nicht neu. Inzwischen wurde bekannt, dass er bereits in den 1980er Jahren schon einmal wortgleich publiziert wurde.

Der 78-Jährige hat seine Stelle als Leiter des Instituts für Sozialarbeit an der Universität Hradec Kralove (Königgrätz) bereits niedergelegt. Elf Mitarbeiter des Instituts distanzierten sich öffentlich von seinen Äußerungen. Mitlöhner selbst weist die Vorwürfe zurück und will weiter an der Hochschule lehren.

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