In Hamburg-Poppenbüttel flog gestern ein Rezeptfälscher auf. Dank der besonnenen Reaktion von Claudia Lüttenberg, Apothekerin in der hiesigen Gesund-leben-Apotheke, konnte der Mehrfachtäter durch die Polizei gestellt werden. Als er gegen Abend seine vorbestellte Großpackung Tilidin abholen wollte, wählte Lüttenberg umgehend die 110, musste den jungen Mann aber bis zur Ankunft der Beamten trickreich hinhalten.
Als ein junger Mann am Dienstagabend die Apotheke in Poppenbüttel betrat und seine telefonische Vorbestellung über Tilidin-Tabletten 200 Stück (N3) abholen wollte, wurde Lüttenberg skeptisch: „So ein junger Mann sollte 200 Schmerztabletten bekommen, das kam mir gleich komisch vor.“ Ausgestellt war das Kassenrezept von der Unfallchirurgie/ Orthopädie des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). „Vor zwei Wochen hatten wir einen ähnlichen Fall, ich bin mir aber nicht sicher, ob es derselbe Mann war. Auch damals war ich skeptisch, habe das Rezept geprüft und mehrfach angeschaut, aber keinen Fehler gefunden“, so Lüttendorf.
Es habe zudem ein Warnschreiben der Apothekerkammer zu Rezeptfälschungen gegeben: „Es hieß, alle sollen die Augen offen halten, es seien vermehrt Rezeptfälschungen über Tilidin im Umlauf.“ Auch weil auf dem Rezept des jungen Mannes der Name des verschreibenden Arztes fehlte, habe sie sich schnell dazu entschlossen, die Polizei zurufen. „Ich habe das Rezept für die vorbestellten Tabletten entgegengenommen, bin nach hinten gegangen, habe unauffällig die 110 gewählt und dann vorgetäuscht, die Bestellung im Abholerregal nicht zu finden“, so die Apothekerin. „Ich musste den Patienten ja irgendwie hinhalten, also gab ich vor, die Bestellung sei unter falschem Namen abgelegt worden.“
Danach fiel auch die Beratung zum Medikament sehr ausführlich aus: „Ich habe mehr als üblich erklärt und immer gedacht, wann kommen denn die Beamten endlich. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor“, so Lüttendorf. Auch das Wechselgeld habe sie absichtlich zunächst falsch rausgegeben. „Ich habe jeden erdenklichen Trick angewendet, der mir einfiel. Der Mann wirkte trotz der Hinhaltung nicht nervös“, so die Apothekerin. Er habe ab und zu zur Tür geschaut, aber keinerlei Anstalten gemacht, die Flucht zu ergreifen.
Als die Polizei schließlich eintraf, sollte es eine weitere Überraschung geben: „Als das Auto des Mannes durchsucht wurde, tauchten plötzlich mehrere Rezepte über Tilidin-Großpackungen auf. Alle waren laut Polizeiangaben jeweils auf andere Namen ausgestellt“, so Lüttendorf. Auch etliche Tilidin-Packungen, die der Täter im Kofferraum gelagert haben soll, konnten sichergestellt werden.
Rezeptfälschungen sind kein Kavaliersdelikt und doch sind manipulierte Verordnungen keine Seltenheit. Original und Fälschung sind mitunter kaum zu unterscheiden. Liegt eine Rezteptfälschung in der Apotheke vor, besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Erstattung einer Strafanzeige, denn § 17 Abs. 8 ApBetrO fordert nicht die Einbindung Dritter, also auch nicht der Polizei.
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