Anonymer Brief

Testkäufe wegen Rx-Boni: Apotheker droht Kollegen

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Berlin -

Die Mehrheit der Apotheker pflegt untereinander einen kollegialen Umgang. In Witten macht gerade ein anonymer Brief eines Kollegen die Runde. Darin kritisiert er, dass in der Stadt immer noch verbotenerweise Boni auf Rx-Arzneimittel gewährt würden. Eigene Testkäufe hätten dies bestätigt. Er droht mit Veröffentlichung und juristischen Folgen.

Eingangs erläutert der Absender in seinem mit „Testkäufe in Apotheken“ betitelten Schreiben aktuelle Herausforderungen des Berufsstandes wie Nichtverfügbarkeiten, Rahmenvetrag, E-Rezept und die Konkurrenz aus Holland, die „feiernd die Preise regelrecht pulverisiert“. Das vermeintliche „Apothekenstärkungsgesetz“ sei nur eine Farce, schreibt er. „Ich fühle mich nicht zuletzt von unserer Standesvertretung zutiefst im Stich gelassen.“

Die „Zugaben- und Wertmarken-Politik“ mancher Kollegen sei ihm in den vergangenen Jahren ein Dorn im Auge gewesen. Er räumt ein, dass das pharmazeutische Fachwissen „leider viel zu selten in dem Maße zu tragen kommt, wie einst an der Hochschule vermittelt“. Aber die Kunden mit zum Teil „grenzwertigen Zugaben oder Gewinnversprechen zu ködern, ist der Zündstoff für einen weiteren und endgültigen Werteverfall unseres Berufsstandes“, schreibt er.

In den vergangenen Wochen habe er immer wieder von Kunden und Außendienstmitarbeitern von Kollegen gehört, die trotz des eindeutigen Boni-Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) Zugaben, Wertmarken oder Taler bei Rx-Medikamenten spendieren oder „durch hanebüchene Tricks versuchen“, das Verbot zu umgehen. Er habe sich gezwungen gesehen, „privat organisierte Testkäufe in allen Wittener Apotheken durchzuführen“. Leider hielten sich tatsächlich „einige“ Kollegen nicht an das Rx-Boni-Verbot, behauptet er in dem Brief.

Zunächst gibt er sich verständnisvoll – alte Gewohnheiten seien immerhin schwer abzulegen. „Das ist menschlich, und jeder von uns braucht seine Kundschaft, um die Fixkosten zu decken und um sein Leben zu gestalten“, schreibt er. Dennoch müssten sich alle an „geltendes Gesetz“ halten. Es dürfe nicht sein, dass Apotheken, die sich ordnungsgemäß an das rechtskräftige Verbot hielten, benachteiligt seien und dabei auch noch regelmäßig „Aufklärungsarbeit bei einer irritierten Kundschaft leisten müssen, was erlaubt ist und was nicht“.

Seine in Auftrag gegebenen Testkäufe könne er durch Kassenbons belegen, schreibt er. Und: „Ich werde konsequent weitere in den nächsten Monaten durchführen.“ Noch wolle er keine Kollegen „an den Pranger stellen“; die Ergebnisse behalte er vorerst für sich. Doch bei weiteren Verstößen werde er Kammer, Wettbewerbszentale, Kreisverwaltung oder gar die Presse informieren, kündigt er in dem Schreiben an. „Dann stehen wir Wittener Apotheker möglicherweise gar deutschlandweit im Fokus!“

Zudem behalte er sich vor, juristisch prüfen zu lassen, ob „nicht verhältnismäßige Zugaben, Coupons & Taler bei einem additiven Kauf frei verkäuflicher, apothekenpflichtiger Arzneimittel/Produkte legal sind oder ebenfalls ein Vergehen darstellen“.

Er fordert seine Kollegen auf, die Kundschaft „mit fairen und gesetzeskonformen Mitteln“ zu binden. „Ich erwarte eine Gleichheit für alle Vor-Ort-Apotheken“, heißt es weiter. „Zeigen wir endlich gemeinsam Berufsethos!“ Apotheker sollten ihre Mitarbeiter schulen und in deren Wissensstand investieren. Das sei die beste Zugabe und der einzige Weg, um eine weitere Abwanderung der Kunden an den Versandhandel zu verhindern.

„Ich hoffe, dieser eine Brief reicht aus, jeden, der das BGH-Urteil noch nicht konsequent umgesetzt hat, zu ermahnen beziehungsweise vielmehr wachzurütteln, sich in Zukunft strikt an die Vorgaben des Gesetzgebers zu halten und fair für unsere Vor-Ort-Apotheken zu kämpfen!“

Am Ende wird er noch einmal ernst: „Nächste Briefe meinerseits (und dann nicht mehr höflich anonym) werden unangenehme Konsequenzen haben“, schreibt er mit „absolut wohlwollenden, kollegialen Grüßen aus Ihren Reihen“.

Ein Apotheker aus Witten, der das Schreiben per Post erhalten hat, sagt, die Denkweise des Kollegen sei in Ordnung, er hätte sich aber gewünscht, direkt und nicht anonym damit konfrontiert zu werden. Aus einer anderen Apotheken heißt es, man hätte sich ein offenes Gespräch gewünscht. Dieses Vorgehen sei nicht in Ordnung.

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