Spanien

Terraza statt Rauchverbot

, Uhr

Das Leben findet auf der Straße statt. Das ist eine Tatsache, die viele deutsche Urlauber an Spanien besonders schätzen. Seit Anfang dieses Jahres stimmt diese Aussage noch mehr als zuvor - und nicht nur für die Touristengebiete. Im ganzen Land breiten sich auf den Bürgersteigen Kneipentische und -stühle aus. Die „Terrazas“, wie die Freiluft-Lokale genannt werden, sind in Mode wie nie zuvor.

Zwar gab es solche Gaststätten schon früher, aber sie waren nicht annähernd so verbreitet. Im Winter war es etwa in Madrid zu kalt, um draußen zu sitzen, und im Sommer zu heiß. Zudem störte der Verkehrslärm. Das Wetter hat sich nicht geändert, auch gibt es noch genug Platz in den Bars. Der Grund für den Boom der Terrasse sind die neuen Rauchverbote. Sie gehören zu den strengsten der Welt. Anfang Januar traten sie in Spanien in Kraft.

Danach darf in Gaststätten und Diskotheken nicht geraucht werden, es darf auch keine Raucherzonen geben - und das, obwohl es in Spanien prozentual mehr Raucher gibt als in den meisten anderen EU-Ländern. Wer gegen das Gesetz verstößt, riskiert Strafen zwischen 30 und 600.000 Euro.

Die vielen Open-Air-Lokale haben das Straßenbild der spanischen Hauptstadt in kurzer Zeit völlig verändert. „Ich habe bereits vor einem Jahr mit den Planungen für meine Terrasse begonnen, damit ich meine rauchenden Gäste nicht verliere“, sagt Oscar López, der in Madrid die Bar „La Ribera“ betreibt. Die Kneipe besitzt er seit mehr als acht Jahren. Die Idee, draußen Tische und Stühle aufzustellen, kam ihm aber erst im Zusammenhang mit dem Rauchverbot. „Den Leuten gefällt es, und für mich lohnt es sich“, sagt López.


Der Trend zur Terrasse griff nicht allein in der Hauptstadt um sich. Das Rauchverbot treibt in ganz Spanien die Bar- und Restaurantbesitzer mit ihren Stühlen auf die Straße. In Guadalajara im Nordosten von Madrid wurden für die Sommermonate 40 Prozent mehr Bar-Terrassen beantragt als im Vorjahr. In Lugo im Nordwesten des Landes verdoppelte sich die Zahl im Vergleich zu 2010 sogar.

Die Wirte bekommen die Lizenzen nicht gratis. López zahlte der Stadt Madrid 2000 Euro dafür, dass er sieben Monate lang ein Dutzend Tische vor seiner Bar aufzustellen darf. Nächstes Jahr muss er erneut zahlen. „Ich glaube, dass sich diese Investition lohnt“, sagt er. „Ich plane die Terrasse auch für die kommenden Jahre ein.“

Der Trend zur Freiluft-Kneipe hatte nicht erst im Sommer, sondern schon bald nach Inkrafttreten des Rauchverbots begonnen. Bereits zu Jahresbeginn drängte es die ersten Wirte mit ihren Tischen und Stühlen ins Freie. Spanische Medien meldeten wochenlange Lieferfristen für Heizpilze, und es wurden erste Beschwerden von Anwohnern laut, die über den Lärm der Kneipengäste beschwerten.

Vor dem Rauchverbot war kaum ein Gast auf die Idee gekommen, bei Kälte draußen sitzen zu wollen. In Lugo zum Beispiel hatte im vorigen Jahr keine einzige Kneipe eine Winterlizenz für das Aufstellen von Tischen im Freien beantragt. In diesem Jahr wollten fast alle Wirte, die über Stellflächen verfügen, eine Ganzjahreserlaubnis für ihre Außengastronomie bekommen.

Der Besitzer von „La Ribera“ in Madrid begnügt sich jedoch mit den warmen Monaten von Frühling bis Herbst. Um seine Gäste auch im Winter draußen bewirten zu können, bräuchte er Heizpilze und ein transparentes Vorzelt. „Für diese Konstruktion bekomme ich hier aber keine Genehmigung“, sagt er. „Denn direkt vor meiner Tür findet jeden Sonntag der berühmte Rastro (Madrider Flohmarkt) statt.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte