Telemedizin

CeBIT: e-Helfer für Patienten

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Berlin -

Gesundheitswirtschaft wird „smarter“: Apps sollen an die Einnahme von Medikamenten erinnern, bei Katastrophen und Seuchenbekämfpung helfen, Fitness-Armbänder nehmen Vitalfunktionen auf und Insulinpumpen injizieren über Funk. 129 Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben sich dieses Jahr auf der CeBIT, der weltweit größten Messe für Informationstechnik, Gesundheit auf die Fahnen geschrieben. Kritiker warnen dagegen vor den „tödlichen Waffen“.

Damit Menschen mit Demenz länger zu Hause wohnen können, hat die Technische Universität Chemnitz ein „Smart-Sensor-Netzwerk“ entwickelt. Dabei erfasst und analysiert ein bildverarbeitendes 3D-Sensorsystem den individuellen Tagesablauf des Pflegebedürftigen und unterstützt mit interaktiven Erinnerungsfunktionen: Der Sensor erkennt Essen, Trinken oder andere Bewegungen; werden bestimmte Handlungen nicht mehr ausgeführt, erscheint auf einem Display eine Erinnerungsmeldung.

Ein ähnliches System, das Senioren-Assistenzsystem „SUSI TD“, hat das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern entwickelt. Durch die Integration von Ambient-Assisted-Living-Technologien (AAL) werden Gewohnheiten aus dem Alltag erfasst und zur Überprüfung des Wohlergehens eingesetzt. In anderen Projekten erinnern gar Durchsagen nicht nur ans Zähneputzen, sondern auch an die Einnahme von Medikamenten.

Im Spiegel integrierte beleuchtete Piktogramme können durch sogenannte zirkadiane Lichtszenarien den Biorhythmus unterstützen: Am Morgen ist der Blaulichtanteil höher, um wach zu machen, abends lässt ein höherer Anteil Rotlicht ermüden. „Smarte“ Duschen erkennen den Blutdruck und spielen das passende Duschszenario, etwa einen kalten Guss, um den Kreislauf anzuregen.

Mit den Möglichkeiten der Vernetzung bei der Bekämpfung von Epidemien hat sich ein Konsortium aus deutschen und nigerianischen Forschern beschäftigt: Das „Surveillance and Outbreak Response Management System“ (SORMAS) kombiniert Big Data-Technologien mit mobilen Anwendungen, um Informationen in Echtzeit auszuwerten und Vorhersagen treffen zu können. Mit der In-Memory Database Technology können riesige Datenmengen interaktiv und blitzschnell nach frei wählbaren Kriterien ausgewertet werden, um Zusammenhänge zu erkennen. Interaktiv werden aktuelle Lageanalysen erstellt, Trends frühzeitig identifiziert und Prognosen für mögliche Entwicklungen simuliert.

Medizinische Helfer erfassen infizierte Personen und deren Kontakte mit Smartphones und Tablets sowie einer App systematisch. Auffälligkeiten werden direkt in das zentrale Datenbanksystem eingespielt. Im März wird das System in Nigeria erstmals getestet, eine Pilotanwendung startet im Anschluss.

Ein anderes System soll künftig die Opfer-Erstsichtung bei Großunfällen beschleunigen: Anstelle von herkömmlichen Papierkarten versehen Helfer die Verletzten mit elektronischen Armbändern – mit GPS-Sensor, RFID-Chip und Netzwerkkomponente für die drahtlose Kommunikation mit dem Kommandostand. So sollen die Verletzten geortet und Vitaldaten, wie Puls, Atemfrequenz und Blutsauerstoff in Echtzeit an die Einsatzleitstellen übermittelt und auf Großbildschirmen oder Smartphones angezeigt werden. Die Ersthelfer tragen am Gürtel Triage-Relays, die als Zwischenspeicher, Datenbackup und -sender dienen.

Zudem gibt es eine SOS-App für verschüttete oder eingeschlossene Personen, die auch ohne Mobilfunknetz funktioniert. Die App wird vom Opfer aktiviert und verschickt ein Notsignal über einen „Wi-Fi Service Identifier“ (SSID). Die Sucher-App scannt die Umgebung nach Wi-Fi-Netzwerken, spürt so die Notrufe auf und schickt dem Opfer ein Signal, dass es geortet wurde. Das Ganze funktioniert bis zu einer Reichweite von etwa 100 Metern.

Bereits im vergangenen Jahr hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) ein mobiles System mit miniaturisierter Sensorik zur Gesundheitsüberwachung älterer Menschen in ihrer Wohnung vorgestellt. Die Plattform integriert neben nicht-invasiven Messsensoren auch die Blutentnahme und die Bestimmung spezifischer Marker im Blut. Herzstück ist ein kompaktes Heimgerät, das Software sowie Mess- und Analysegeräte beherbergt.

Sensoren zur Messung von Vitalparametern können angebunden werden, etwa ein mit einem Bluetooth-Modul ausgestattetes Pulsoxymeter zur Ermittlung von Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung der ein Blutdruckmessgerät, das die Werte von der Armmanschette über WLAN an das System übermittelt. Mit dem Nanopotentiostat, einem elektrochemischen Sensor, lassen sich der Glucose-, Lactat- oder Cholesterolwert bestimmen. Zudem liefert ein Fluoreszenzsensor durch optische Auswertung mit einer Laserdiode die Konzentrationen bestimmter Herzkreislaufmarker.

Spezielle Einmal-Kartuschen, die mit einem Mikrochip ausgestattet sind, messen die Werte im Blut, durch einen Pieks in den Finger. Das Heimgerät wertet alle Daten aus und übermittelt diese per Internet an den Arzt oder ein Medizinzentrum. Eine Smartphone-App zeigt dem Patienten das Feedback vom Arzt an.

Die IT-Sicherheitsfirma McAfee warnt vor der zunehmenden Vernetzung im Gesundheitswesen. Geräte könnten wegen nicht erkannter Schwachstellen als tödliche Waffen eingesetzt werden. „Wenn ein vernetztes Gerät in den menschlichen Körper implantiert wurde, sind die Konsequenzen eines Cyberangriffs besonders bedrohlich“, heißt es in einem neuen McAfee-Bericht.

Potenziell noch gefährlicher als gezielte Anschläge seien Computerviren. „Theoretisch könnte sich Schadsoftware im Internet verbreiten und alle Personen mit einem anfälligen Gerät treffen.“ Der Computerexperte – und Diabetiker – Jay Radcliffe hatte bereits 2011 demonstriert, dass er Insulinpumpen über Funk manipulieren konnte. Ihm gelang es bei den Pumpen, die Insulin-Injektionen zu ersetzen, die Dosis zu beeinflussen.

Wenig später entdeckte der 2013 verstorbene Hacker Barnaby Jack weitere Schwachstellen. Noch ein Schreckensszenario in dem McAfee-Bericht sind Herzschrittmacher, die tödliche Stromstöße abgeben können. Ein zweiter Risiko-Faktor sei die Flut sehr persönlicher Daten, die bei medizinischen Geräten anfalle, sagte der europäische Technikchef Raj Samani. „Schon mit Fitness-Armbändern bekommt man einen tiefen Einblick in den Alltag der Menschen“, so der Experte.

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