Während der Corona-Pandemie konnten sich Patienten telefonisch beim Arzt krankschreiben lassen. Nun soll die Regelung dauerhaft eingeführt werden – dabei sollen bestimmte Voraussetzungen gelten.
Patientinnen und Patienten sollen sich bei leichteren Erkrankungen künftig generell telefonisch von ihrer Arztpraxis krankschreiben lassen können. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken will am 7. Dezember über eine Änderung der entsprechenden Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie entscheiden, wie aus der Tagesordnung des Ausschusses hervorgeht.
Anders als sonst bei entsprechenden Richtlinien üblich sollen die Versicherten die Möglichkeit sofort nach Beschluss nutzen können, wie eine Sprecherin des Bundesausschusses Mittwoch sagte. Geplant sei „ein sogenanntes rückwirkendes Inkrafttreten“, also mit dem Beschlusstag, sagte sie. Das könnte direkt am 7. Dezember passieren. Formal muss das Bundesgesundheitsministerium den Beschluss erst noch prüfen. Im Bundesausschuss entscheiden Ärzte, Krankenkassen und Kliniken über die konkreten Leistungen im Gesundheitswesen.
Auch das Engpass-Gesetz (ALBVV) von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) regelt, dass Krankschreibungen per Telefon dauerhaft möglich werden sollen. Voraussetzung soll aber sein, dass es um Erkrankungen ohne schwere Symptome geht und man bei dem Arzt oder der Ärztin schon aus früheren Behandlungen bekannt ist. Die genaue Regelung dazu soll nun der G-BA erarbeiten. Bis vor Kurzem hieß es noch, die Richtlinie werde bis zum 31. Januar 2024 erwartet.
Bereits während der Corona-Pandemie hatte es eine mehrfach verlängerte Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung gegeben. Sie war im April ausgelaufen. Mit dem geplanten Schritt wäre eine solche Regelung dann dauerhaft verankert. Der Ausschuss war im Sommer per Gesetz von der Koalition beauftragt worden, entsprechende Regelungen zur telefonischen Krankschreibung festzulegen, wie ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erläuterte.
Die grundsätzliche neue Regelung werde für Patientinnen und Patienten greifen, „die in der Arztpraxis bekannt sind und die keine schweren Symptome haben“, sagte die Ausschusssprecherin. Dies sei ein Unterschied zur Corona-Sonderregelung. Diese konnten Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen der oberen Atemwege nutzen. Die telefonische Krankschreibung soll Arztpraxen entlasten und die Infektionsgefahr in den Wartezimmern senken.
Ausschussmitglied Monika Lelgemann sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, sollte der Bundesausschuss die Regelung annehmen, werde sie umgehend in Kraft treten. „Das heißt, ab dem 7. Dezember wird es möglich sein.“
Deutschlands Hausärztinnen und Hausärzte hatten vorab kritisiert, dass es mit der geplanten Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung zu langsam gehe. Der Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, hatte die Neuregelung beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) wegen den „derzeit extrem geforderten Hausarztpraxen“ bereits für diesen Winter als „dringend notwendig“ angemahnt. Die Ausschusssprecherin erläuterte, die bis Januar gesetzte Frist habe wegen schneller Beratungen nicht ausgeschöpft werden müssen.
„Jenseits der telefonischen Krankschreibung gibt es auch die Videosprechstunde, um den Gang in die Arztpraxis zu vermeiden, wenn man krank ist und die Erkrankung eine solche Videosprechstunde zulässt“, wie die Sprecherin weiter erläuterte. Hier sei eine Krankschreibung bis zu sieben Tage bei Patientinnen und Patienten möglich, die in der Praxis bekannt seien – und bis zu drei Tage bei Patientinnen und Patienten, die in der Praxis nicht bekannt seien. Auch Folgekrankschreibungen können per Video demnach ausgestellt werden, wenn die vorherige Krankschreibung auf einer persönlichen Untersuchung basierte.
Vorgesehene dauerhafte Möglichkeiten zu telefonischen Krankschreibungen treffen laut einer Umfrage auf viel Zustimmung. Rund zwei Drittel (67 Prozent) würden dies tendenziell befürworten, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov ergab. Dabei wären 34 Prozent „voll und ganz“ dafür und weitere 33 Prozent würden es „eher“ befürworten. Dass sie es eher oder voll und ganz ablehnen, gaben 20 Prozent an. „Weiß nicht/keine Angabe“ sagten 13 Prozent. Für die Umfrage wurden am 29. November 3755 Menschen ab 18 Jahren befragt.
Stefanie Drese, Gesundheitsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, hält die Möglichkeit, Krankschreibungen per Telefon zu erhalten, für ein „wichtiges und geeignetes Instrument zur Entlastung der Haus- und Kinderarztpraxen in der Erkältungssaison“. Sie unterstütze, dass die Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung nun vorgezogen werden könnte.
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