US-Gesundheitsreform

Tauziehen um Reform geht weiter dpa, 28.12.2009 13:49 Uhr

Berlin - 

Nachdem das Jahr für US-Präsident Barack Obama mit einem wichtigen politischen Triumph zu Ende gegangen ist - nach monatelangem Ringen verabschiedete der Senat seinen Entwurf für eine umfassende Gesundheitsreform - steht ab Januar ein
erbittertes Tauziehen und Schachern im Kongress an. Die Republikaner wollen alles daran setzen, um die Reform bei den endgültigen Verhandlungen über das Gesetz im Parlament zu Fall zu bringen.

„Dieser Kampf ist noch lange nicht zu Ende“, drohte der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell. Es sei „der klare Wille“ der Amerikaner, „dieses Monstrum zu stoppen“. Dagegen will Präsident Obama das Gesetz bereits Ende Januar unterzeichnen

Wichtigster Punkt des Senatsentwurfs ist, dass fast 31 Millionen bisher unversicherte Amerikaner künftig eine Versicherung erhalten. Ausgeschlossen wären dann nur noch illegale Einwanderer. Wer sich keine Versicherung leisten kann, erhält Beihilfen. Außerdem dürfen Krankenkassen künftig keine Bezahlung verweigern, weil eine Krankheit vor Vertragsbeginn bestand.

Obama bezeichnete die Abstimmung am Heiligen Abend als ein „historisches Votum“. Es handele sich um das wichtigste Sozialgesetz seit vielen Jahrzehnten. Zudem würden auf lange Sicht Kosten gespart. Bereits zuvor hatte er im Sender PBS aber auch offen eingeräumt, „dass noch schwere Verhandlungen anstehen“. Obama hatte eigens seinen Weihnachtsurlaub verschoben, um im Notfall in letzter Minute persönlich eingreifen zu können. Erst unmittelbar nach dem Votum flogen die Obamas in die Ferien nach Hawaii.

60 demokratische Senatoren stimmten der Reform in einer Sondersitzung zu, 39 Republikaner votierten dagegen. Ein monatelanger, erbitterter Streit war vorausgegangen. Die Gesundheits- und Versicherungsindustrie hatte Millionenbeträge investiert, um die Reform zu verhindern oder in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Die Republikaner hatten immer wieder versucht, die Verabschiedung durch Dauerreden (Filibuster) zu blockieren. Zugleich mussten die Demokraten aber auch erhebliche Zugeständnisse machen, um Skeptiker in den eigenen Reihen ins Boot zu holen. Die Modernisierung des US-Gesundheitssystems - was weltweit als extrem teuer gilt - war das zentrale innenpolitische Wahlversprechen Obamas.

Die Republikaner warnen, die hohen Kosten von 871 Milliarden Dollar (609 Milliarden Euro) innerhalb von zehn Jahren würden die Staatsschulden weiter in die Höhe treiben. „Das Gesetz macht eine schlechte Lage nur noch schlimmer“, kritisierte der republikanische Senator Charles Grassley. Zudem erhöhe die Reform den Einfluss des Staates auf den Alltag der Menschen.

Ursprünglich wollte Obama das Gesetz bis Jahresende unter Dach und Fach bringen. Doch jetzt steht erneut eine schwierige Kompromisssuche bevor: Im neuen Jahr müssen der Senat und das Repräsentantenhaus, das bereits im November ein eigenes Reformwerk verabschiedet hatte, ihre jeweiligen Entwürfe anpassen. Danach müssen beide Parlamentskammern nochmals über die neue Vorlage abstimmen. Das „Wall Street Journal“ erwartet einen „chaotischen legislativen Basar“.

Zentrale Streitpunkte dürften die vor allem die Einführung einer staatlichen Krankenkasse, die Frage der Finanzierung von Abtreibungen und die Möglichkeit neuer Steuern werden. Zwar stimmte das Repräsentantenhaus einer solchen staatlichen Alternative zu, im Senat konnte dies jedoch nicht durchgesetzt werden. Die Bezahlung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Krankenkassen ist derweil auch unter Demokraten umstritten. Gegen neue Steuern zur Finanzierung der Reform wehren sich vor allem die Republikaner.