Syrische Apothekerin: „In Deutschland ist vieles komplizierter“ Sandra Piontek, 20.04.2024 08:37 Uhr
Die aus Syrien stammende Pharmazeutin Mayssa Fattoum führte bis zum Beginn des Bürgerkrieges eine eigene Apotheke. Dann musste sie mit ihrer Familie flüchten. Ihr Weg führte sie nach Deutschland, wo sie heute in der Regenbogen-Apotheke in Schwerin arbeitet. Hierzulande sei einiges im Gesundheitswesen anders geregelt: „In Deutschland sind manche Dinge komplizierter. In Syrien gibt es beispielsweise keine Krankenkassen, damit fallen auch die Rabattverträge weg“, so Fattoum.
Vor zehn Jahren musste Fattoum aus dem Kriegsgebiet in Syrien flüchten. Zu diesem Zeitpunkt war sie Inhaberin einer größeren Apotheke, mitten im Stadtgebiet von Salamiyya. Das alles gab sie auf, um sich und ihre Familie in Sicherheit zu bringen. Ihr Weg führte sie damals nach Schwerin: „Es war zunächst schwierig für mich, da ich keine Sprachkenntnisse hatte. Deswegen war mein erstes Ziel Deutsch zu lernen.“ Unterstützung für ihre Approbation fand Fattoum in einer Facebook-Gruppe: „Für syrische Apotheker in Deutschland ist diese sehr informativ.“
Diese Hilfe blieb ihr damals vom Jobcenter verwehrt: „ Dort wussten sie mir mit dem Weg zur Approbation in Deutschland nicht zu helfen. Jedoch ist das auch schon 9 Jahre her, als ich frisch nach Deutschland kam. Ich bekam keine Tipps, mit denen ich hier als Apothekerin hätte Fuß fassen können“, so die Pharmazeutin. „Aber der Verbund für Soziale Projekte gemeinnützige GmbH (VSP) half mir weiter, und erklärte mir den Weg zur deutschen Approbation.“
Nachdem sie einen Deutsch-Sprachkurs für das Niveau B2 erfolgreich abschloss, konnte sie weitere Prüfungen, wie die Anerkennungsprüfung vor der Apothekerkammer, antreten – und bestand. Parallel dazu absolvierte Fattoum damals ein Praktikum in einer Apotheke. Nach dem Bestehen wechselte sie in die Regenbogen-Apotheke in Schwerin. Manches vermisst sie dennoch: „In Deutschland ist vieles komplizierter. In Syrien konnte ich mehr Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen, die hier der Arzt übernimmt“, so Fattoum.
Sie bezieht sich dabei vor allem auf die etlichen Krankenkassen und deren Rabattverträge: „So etwas gibt es bei uns nicht. In Syrien gibt es weder private, noch gesetzliche Versicherungen. Dort werden Medikamente ganz einfach selber bezahlt“, so die Apothekerin. „Ich durfte beispeilsweise Dauermedikationen für Diabetiker ohne Rezept abgeben. Wir haben im System gesehen, dass die Menschen bestimmte Medikamente immer wieder bekommen, dafür brauchten sie keine Verschreibung“, berichtet sie. Hierzulande müsse hingegen etliches mehr an Bürokratie geleistet werden, das mache „vieles komplizierter“.
Fattoum profitiert im täglichen Berufsalltag auch öfter von ihrer Muttersprache: „Wir haben Patienten, die ich lieber auf Arabisch berate, da sie es besser verstehen. Diese Menschen kommen dann gern zu mir, weil sie wissen, dass ich sie gut informieren kann. Sie können zwar auch gut Deutsch sprechen, aber manches ist dann doch zu umständlich zu erklären“, so die Apothekerin. Ob sie irgendwann eine eigene Apotheke übernimmt, lässt sie noch offen: „Ich möchte erstmal noch weitere Erfahrungen sammeln.“