Personalmangel

Sylt: Zum Urlaubmachen beliebt, als Arbeitsplatz gemieden

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Westerland -

Sylt gilt als Lieblingsinsel der Schönen und Reichen in Deutschland. Wohnraum ist für Normalverdiener aber kaum bezahlbar. Das wird auf dem Arbeitsmarkt der teuren, schicken Insel immer spürbarer. Krankenpfleger, Verkäufer, Tischler, Hotelfachleute - auf Sylt werden Fachkräfte dringend gesucht.

Bei der zuständigen Arbeitsagentur in Flensburg waren im Juni 388 offene Stellen gemeldet, davon 386 sozialversicherungspflichtig. Vor allem das Gastgewerbe sucht Personal. In Hotels und Restaurants gab es 160 offene Stellen. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) auf Sylt bot Mitte Juli online mehr als 110 offene Stellen an.

Ein Problem: Die Insel kämpfe um die gleichen Arbeitskräfte wie die Betriebe auf dem Festland, sagt der Sprecher der Flensburger Agentur für Arbeit, Christian Groborsch. „Und die Chance, auf dem Festland eine gut bezahlte Stelle zu bekommen, ist derzeit sehr gut.“

Viele Arbeitnehmer fragten sich also, warum sie den Pendelstress auf sich nehmen sollten - zumal die Probleme auf der Bahnstrecke nach Sylt in den vergangenen Jahren nicht weniger geworden sind. „Durch die Probleme auf der Marschbahn ist die Motivation, auf der Insel zu arbeiten, für viele noch geringer geworden“, sagt Groborsch.

Ein Problem, das auch Karl Max Hellner kennt. Hellner besitzt mehrere Modehäuser auf Sylt und ist Vorsitzender des Vereins Sylter Unternehmer. 60 Prozent seiner Mitarbeiter pendeln vom Festland auf die Insel. „Die Stimmung ist schlecht“, sagt er. Offizielle Zahlen gibt es zwar keine, aber dass Mitarbeiter Sylter Betriebe aus Frust über die Bahn kündigen, ist nach Angaben Hellners bekannt.

Das Problem des Fachkräftemangels wird noch verschärft durch diejenigen, die sich gar nicht erst auf eine offene Stelle auf Sylt bewerben, weil sie um die Situation wüssten. „Wir kriegen weniger Bewerbungen als vor ein, zwei Jahren“, sagt Hellner.

Eine von denen, die das Pendeln nicht mehr aushielt, ist Jasmin A. Vor zwei Jahren ist die junge Frau, die ihren vollen Namen nicht gedruckt sehen will, mit Mann und Sohn von Hamburg in einen kleinen Ort in Nordfriesland gezogen. Ihr Mann hat einen guten Job auf der Nordseeinsel gefunden und für ihren Sohn fanden sie es auch schöner, wenn er nicht in einer Großstadt aufwächst.

Seit August 2016 arbeitete Jasmin A. ebenfalls auf Sylt. Und empfand die Situation mit der Bahn von Anfang an als katastrophal, wie sie sagt. „Im Sommer sind die Züge total überfüllt und fallen ständig aus, wegen der Hitze oder wegen irgendwelcher Störungen.“ Im vergangenen Jahr entschied die junge Mutter dann für sich, so schnell wie möglich in einen Job auf dem Festland zu wechseln. Seit dem 1. Juli arbeitet sie nun bei einer Drogerie in der Nähe ihres Wohnortes.

„Das Familienleben hat sehr darunter gelitten, da wir beide auf der Insel gearbeitet haben und unser dreijähriger Sohn auf dem Festland in der Kita war“, sagt Jasmin A. – Sie berichtet vom Druck, der auf einem lastet, wenn der Zug mal wieder Verspätung hat und die Kita bald schließt. „Das war furchtbar.“ Verwandte hat die Familie nicht in der Nähe. Glücklicherweise seien Nachbarn oder Freunde immer mal wieder eingesprungen und hätten den Sohn in solchen Fällen abgeholt.

Um die Probleme bei der Marschbahn in den Griff zu kriegen, hat die Bahn kürzlich angekündigt, die Strecke mit Investitionen in Höhe von 160 Millionen Euro wieder flott zu machen. In den kommenden zwei Jahren werden Sylt-Reisen mit der Bahn deswegen zunächst aber noch mühseliger. Die Züge fahren dann nach Angaben der DB Netz AG wegen der Bauarbeiten nicht nur langsamer, sondern auch seltener.

Unternehmer Hellner sagt, er sei froh, dass endlich überhaupt etwas passiere. Aber es seien Maßnahmen, die eigentlich schon seit Jahren hätten angegangen werden müssen. Zudem werde die Problematik der Eingleisigkeit – auf dem Festland zwischen Niebüll und Klanxbüll und auf Sylt zwischen Morsum und Keitum – auch durch die angekündigten Investitionen nicht gelöst. Wenn auf diesen Abschnitten etwas passiere, sei die Insel abgeschnitten. Bei zwei Gleisen könnte Verkehr über das zweite Gleis umgeleitet werden.

Auch ins Wagenmaterial müsse investiert werden. Für die „1a-Urlaubsdestination“ Sylt mit seinen Touristen, Bewohnern und Pendlern seien mehr Waggons immens wichtig.

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