111 Jahre gibt es die Apotheke am Schillerplatz in Stuttgart. Zum Jahresende wird Inhaberin Eva-Maria Steckkönig schließen. Die Pharmazeutin hat etwa zwei Jahre erfolglos einen Nachfolger gesucht. Die Aufgabe fällt der 66-Jährigen nicht leicht, da sie in der Offizin groß geworden ist. Sie hat den Betrieb in der vierten Generation geführt.
Das Haus, in dem sich die Apotheke befindet, wurde von Steckkönigs Urgroßvater, Wilhelm von Ditterich gebaut. Der Betrieb wurde 1904 eröffnet. 1925 übernahm sein Schwiegersohn, Max Moest, die Apotheke. Den Namensbeisatz „am Schillerplatz“ trägt sie seit 1942, da der Ort als Stadtteil eingemeindet wurde.
Kurz darauf wurde das Haus während eines Luftangriffes schwer beschädigt. Während des Wiederaufbaus sei die Apotheke übergangsweise in einen leerstehenden Friseurbetrieb ausgelagert worden. 1955 übernahm Herbert Moest, Steckkönigs Vater, die Apotheke. Für die Pharmazeutin stand sehr früh fest, dass sie den Betrieb weiterführen will. Sie habe oft in der Offizin gespielt. „Ich liebe den Geruch von Apotheke nach Tee und Kräutern.“
Die Nachkriegsjahre seien aber schwierig gewesen, sagt Steckkönig. Als Kind habe sie Knappheiten etwa bei Verpackungen miterlebt. Die Leute seien mit allem Möglichen gekommen, um Salben zu transportieren: Kaffeetassen, Schüsseln, Bierflaschen und Butterbrotpapier.
Steckkönig übernahm die Apotheke nach ihrem Studium in Tübingen 1992 von ihrem Vater. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei es in den vergangenen Jahr mit Apotheken nur abwärts gegangen, sagt sie. „Außerdem ist es schwierig, gutes Personal zu finden“, sagt sie. Der Fachkräftemangel werde dazu führen, dass irgendwann immer der Inhaber in der Apotheke die Stellung halten müsse. „Ich hatte zuletzt auch keine Freizeit mehr.“
Das Schließen fällt ihr dennoch schwer: „Menschen zu helfen, hat mir immer Freude bereitet“, sagt sie. Auch die Kunden „weinen“ und sie werde die Patienten vermissen. Einen Nachfolger hat sie während der fast zweijährigen Suche nicht gefunden. Auch in der Familie gebe es keinen Nachfolger.
Steckkönig hat auch versucht, das komplette Haus zu vermieten. „Niemand war interessiert“, sagt sie. Am liebsten wäre es ihr gewesen, vollkommen unabhängig zu sein. Pläne für die neue Zeit als Pensionärin hat sie bereits. Als Großmutter werde sie sich um ihre 18 Monate alte Enkelin kümmern. Außerdem will sie an ihrem ehemaligen Gymnasium Kurse, die von Schülern gehalten werden, besuchen. „Ich liebe Musik und könnte mir auch vorstellen, im Chor zu singen.“
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