Studie

Beamten-Beihilfe: Stiftung fordert Aus

, Uhr aktualisiert am 10.01.2017 12:24 Uhr
Gütersloh/Köln -

Der Staat könnte nach einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung in den nächsten 15 Jahren rund 60 Milliarden Euro einsparen, wenn er die Beamten-Beihilfe zur Krankenversicherung abschaffen würde. Denn dafür müssten Bund und Länder künftig immer tiefer in die Tasche greifen, teilte die Stiftung heute mit. Der Beamtenbund dbb und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) kritisierten die Studie heftig. 

Beamte fallen nicht unter dieselbe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse wie Arbeitnehmer, die ab einem Jahresbruttoeinkommen von 57.600 Euro (2017) befreit sind. Da der Staat für Beamte über die Beihilfe die Hälfte - bei Pensionären 70 Prozent – der Krankheitskosten übernimmt, hätten sie oft günstigere Prämien bei der privaten Versicherung. Auch deswegen seien rund 85 Prozent der Staatsdiener privat versichert, so die Stiftung.

Der Studie zufolge werden sich die jährlichen Ausgaben für die Krankenversorgung von Beamten und Pensionären bis 2030 auf geschätzte 20,2 Milliarden Euro fast verdoppeln. 2014 gaben Bund und Länder knapp 12 Milliarden Euro dafür aus. Unterlägen Beamte genau wie Arbeitnehmer der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht, addiere sich das Einsparpotenzial bis 2030 auf 60 Milliarden Euro.

Durch eine Einführung einer allgemeinen Versicherungspflicht müssten zwei Drittel der bislang 3,1 Millionen privatversicherten Beamten und Pensionäre in eine gesetzliche Kasse wechseln, weil sie unter der Einkommensgrenze liegen, so die Stiftung. Weitere 20 Prozent würden darüber hinaus finanziell von einem Wechsel profitieren.

dbb-Chef Klaus Dauderstädt wies den Vorstoß der Bertelsmann-Stiftung am Rande der Jahrestagung in Köln entschieden zurück: „Ich kann nur allen dringend raten, den Beipackzettel einer solchen Reform gründlich zu lesen und auf die vielen Risiken und Nebenwirkungen zu achten.“ Die Beihilfe gehöre zum Gesamtpaket der Alimentation von Beamten durch ihren Dienstherrn. Nur dadurch werde die Wettbewerbsfähigkeit mit der Wirtschaft sichergestellt.

Die Prognose zur Kostensteigerung bei der Beihilfe sei schwer nachzuvollziehen. „Da scheint überall viel Spekulation drinzustecken.“ Zum Beispiel unterstelle die Studie für die gesetzliche Krankenversicherung immense Beitragsmehreinnahmen. Die Hälfte davon hätten aber die öffentlichen Dienstherren analog zum Arbeitgeberanteil zu tragen, so Dauderstädt.

PKV-Direktor Volker Leienbach verwies darauf, dass die Stiftung auch nach eigenen Angaben die verfassungsrechtlichen Fundamente des geforderten Umbaus der Gesundheitsabsicherung gar nicht geprüft habe. „Eine solche 'Studie' ist auf Sand gebaut und kann schon im Ansatz nicht ernst genommen werden.“ Sie blende wesentliche Kostenfaktoren aus. „Die unvollständige Datenauswahl ist augenscheinlich von der Absicht geprägt, zu einem von vornherein gewünschten Ergebnis zu gelangen“, hieß es von der PKV.

„So beziffert die Studie zwar die vermeintlichen Einsparungen der Staatshaushalte bis 2030 durch die Verlagerung der Kosten für die Versorgung der Beamten auf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Sie verschweigt aber die Auswirkungen auf die GKV-Versicherten im selben Zeitraum.“ Dabei ist nach PKV-Darstellung „absehbar, dass die GKV-Versicherten durch steigende Beitragssätze mittel- und langfristig wesentlich stärker belastet würden“.

Dagegen sprach sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für eine Versicherungspflicht für Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung aus. „Das ist sowohl ein Schutz für die Beamtinnen und Beamten vor den explodierenden Prämienkosten der privaten Krankenversicherung als auch insgesamt eine Entlastung für die öffentlichen Haushalte“, sagte das DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink wertete die Studie als Nachweis, dass die PKV durch die Regelungen für die Beamten künstlich staatlich alimentiert werde. Sie forderte eine Bürgerversicherung, die zu mehr Wahlfreiheit für die Beamten führe.

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