Pillen, die schlauer machen, bleiben vorerst ein Wunschtraum. Pillen dagegen, die das Konzentrationsvermögen erhöhen, gibt es – in Form von verschreibungspflichtigen Medikamenten. So mancher Student setzt darauf. Doch akademische Erfolge lassen sich anders besser erreichen.
Forscher um Professor Dr. Klaus Lieb von der Universitätsklinik Mainz fanden in einer repräsentativen Umfrage heraus, dass rund 4 Prozent der 1547 befragten Schülern und Studenten schon mindestens einmal versucht haben, ihre Konzentration, ihre Aufmerksamkeit oder ihre Wachheit mit Hilfe von legalen oder illegalen Substanzen zu steigern. Häufiger als verschreibungspflichtige Psychostimulanzien nahmen sie illegal erhältliche Substanzen wie Amphetamine, Kokain und Ecstasy ein.
Auch die Hochschul Informations System GmbH (HIS) in Hannover kam zu der Erkenntnis, dass unter Studenten die – neutral als Neuro-Enhancement oder eher kritisch als Hirndoping bezeichnete – Methode durchaus verbreitet ist. In der repräsentativen Umfrage unter knapp 8000 Studierenden gab mehr als jeder Zehnte an, dass er seit Studienbeginn etwas eingenommen hat, um die Anforderungen des Hochschulalltags besser bewältigen zu können. 5 Prozent der Befragten greifen demnach zu Drogen oder verschreibungspflichtigen Mitteln, weitere 5 Prozent zu „weicheren“ Mitteln wie pflanzliche, homöopathische oder Vitaminpräparate, Kaffee oder Schwarzem Tee.
Der HIS-Studie zufolge zweckentfremden die „Hirndopenden“ vor allem Schmerz-, Schlafmittel und Antidepressiva, Betablocker sowie Ritalin (Methylphenidat). Auch Amphetamine und das ausschließlich zur Behandlung der Schlafkrankheit (Narkolepsie) bestimmte Modafinil sind verbreitet. „Die Nebenwirkungen solcher Mittel bei Gesunden sind vergleichbar mit dem, was auch Patienten angeben, die diese Mittel in der Regel deutlich länger nehmen“, erläutert Professor Dr. Isabelle Heuser von der Universitätsklinik Charité in Berlin. Sie hat mit ihrem Team Studien ausgewertet, um herauszufinden, ob solche Mittel bei Gesunden überhaupt wirken und welche Nebenwirkungen sie haben.
So erhöhe Modafinil bei Gesunden die Konzentrationsfähigkeit, insbesondere, wenn sie unter Schlafentzug leiden, Antidepressiva haben einen stimmungsverbessernden Effekt, Methylphenidat beruhige. Ein-, zweimal genommen seien solche Mittel gut verträglich, erläutert die Wissenschaftlerin. Aussagen über Langzeitnebenwirkungen könne man aber noch nicht treffen. „Ich kann zur Einnahme weder zuraten noch abraten“, resümiert Heuser. „Ich selbst hätte aber einfach Angst, etwas zu nehmen, von dem die Langzeitfolgen unbekannt sind.“
Unbekannt sei den meisten Studenten, dass eine echte akademische Leistungssteigerung durch Pillen bisher nicht nachgewiesen worden ist, ergänzt Professor Dr. Heiner Wolstein vom Wissenschaftlichen Kuratorium der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Es sei ein Mythos, dass die Medikamente die Leistung verbessern: „Sie verlängern die Leistung nur.“ Subjektiv seien die Anwender zwar „besser drauf“, kreativer und hielten länger durch. „Aber der Effekt ist wie bei einem großen starken Kaffee. Und lernen muss man trotz Pille noch.“
Häufig wird der gestiegene Druck an den Hochschulen als Grund für das Neuro-Enhancement genannt. Heuser rät jedem Studenten, der mit diesem Gedanken spielt, sich zu fragen, warum er es machen will. „Würde Pause machen und gut schlafen nicht vielleicht auch helfen?“ Ähnliches rät Wolstein: „Eine Alternative ist, früher mit dem Lernen anzufangen und ausreichend zu schlafen.“ Ganz schlecht sei es, die Nacht vor der Prüfung durchzulernen, ohne ein Auge zuzumachen. „Die Wahrscheinlichkeit, Gelerntes abzurufen, ist ohne Schlaf viel geringer.“ Für eine bessere Leistung reichten aber schon 90 Minuten Tiefschlaf.
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