Die Frist für die Buersche Alte Apotheke ist abgelaufen. Inhaber Gerhard Daniel musste vor einem Jahr wegen einer Steuerschuld Insolvenz anmelden, konnte den Betrieb aber in Eigenverwaltung weiterführen. Bei einer Revision Ende des Jahres entzog ihm die Amtsapothekerin die Betriebserlaubnis, weil sie wegen der Zahlungsunfähigkeit die laut Apothekengesetz (ApoG) erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sah. Damit schließt auch ein Stück Geschichte – denn die Apotheke wurde vor 204 Jahren gegründet.
Seit 1935 ist die Apotheke in Gelsenkirchen in Familienbesitz. Ein Teil der Ausstattung stammt noch aus dem frühen 19. Jahrhundert. Daniel übernahm den Betrieb 1976 von seinem Vater zunächst als Pächter. Der Apotheker engagierte sich neben dem Arbeitsalltag auch berufspolitisch, war bis 2019 im Vorstand des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL). Zudem gründete er den Trägerverein „PTA-Fachschule Westfalen-Lippe“ mit, war lange dessen Vorsitzender und ist weiter im Vorstand tätig.
Zuletzt kam er in eine finanzielle Schieflage. Es sei zu einem „Aneinanderketten unglücklicher Ereignisse gekommen“, sagt Daniel. Alles habe mit einer Betriebsprüfung begonnen, die eine „wahnsinnige Steuernachzahlung“ hervorgebracht habe. „Das Finanzamt meinte, eine Zuschätzung machen zu müssen, weil wir einen Fehler im Programm hatten.“ Die Computerfirma habe gesagt, die Apotheke hätte das Programm falsch bedient. Schließlich habe der Fiskus 150.000 Euro gefordert. „Das war verdammt viel und ich hatte das nicht.“ Denn die Gesamtsituation der Apotheke sei „nicht so rosig“ gewesen. „Wäre ich jünger, wäre mein Standing bei den Banken sicher auch anders. Aber ein 74-Jähriger bekommt keine Kredite mehr.“
Daniel musste im März 2020 Insolvenz anmelden. Er wollte die traditionsreiche Apotheke weiterführen. „Es handelt sich um das Lebenswerk meiner Familie.“ Ein Verkauf sei schwierig gewesen, da es sich um eine Innenstadtlage mit wenig Parkmöglichkeiten handele. Auch die Miete sei hoch und die Arztsituation könnte besser sein. Außerdem sei der Verkauf von OTC- und Freiwahlprodukten in der Coronazeit um fast 45 Prozent eingebrochen. „Wir haben Unmengen an den Versandhandel verloren.“
Als dann Ende des Jahres eine Revision anstand, folgte der nächste Schlag. Die Amtsapothekerin sei sieben Stunden in der Apotheke gewesen, sagt er. Schnell sei klar gewesen, dass es Meinungsunterschiede gebe. Zuletzt musste sich der Apotheker sogar „den Ton verbitten“. Die Kontrolle endete damit, dass sich die Amtsapothekerin auf die Insolvenz wegen der Steuerschuld bezog und ihm die Betriebserlaubnis entzog. Laut ApoG wird der Betrieb einer Apotheke erlaubt, wenn die „erforderliche Zuverlässigkeit“ vorliege.
Dies sei nicht der Fall, „wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Antragstellers in Bezug auf das Betreiben einer Apotheke dartun, insbesondere wenn strafrechtliche oder schwere sittliche Verfehlungen vorliegen, die ihn für die Leitung einer Apotheke ungeeignet erscheinen lassen, oder wenn er sich durch gröbliche oder beharrliche Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz, die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Apothekenbetriebsordnung oder die für die Herstellung von Arzneimitteln und den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften als unzuverlässig erwiesen hat“.
Daniel wollte diese Entscheidung nicht auf sich sitzen lassen: „Ich habe versucht, mit Hilfe eines Spezialisten für Apothekenrecht gegen den Entscheid vorzugehen. Dieser, wie auch andere bemühte Anwälte, haben keine Chance gesehen, gerichtlich gegen den Bescheid vorzugehen“, sagt er. Fakt sei, dass wirklich eine Steuerschuld vorliege. Es steht also im Ermessen der Aufsichtsbehörde den entsprechenden Paragrafen des Apothekengesetzes zu bemühen. „Das hat die Amtsapothekerin getan, nachdem sie mich nach dem Grund der Insolvenz gefragt hat und sich dann auch bei der Steuerbehörde erkundigt hat.“ Der Apotheker betont, dass es zur Zeit der Entscheidung keinen Strafbescheid beziehungsweise ein Strafverfahren gegen ihn gegeben habe. „Ich habe immer meine Steuern bezahlt.“
Die Apotheke von Daniel ist seit einer Woche geschlossen. „Die Amtsapothekerin wollte mir die Betriebserlaubnis sofort entziehen“, sagt er. Er habe sich jedoch eine Frist bis Ende April erbeten, um seinen Mitarbeitern mehr Zeit für die Stellensuche zu ermöglichen.
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