Eine Apothekerin wurde heute vor dem Landgericht Halle wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu einem Jahr und elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Ihr wird die betrugsmäßige Abrechnung von Sterilherstellungen in neun Fällen zur Last gelegt.
Die Inhaberin einer Apotheke in Halle hatte von Januar 2003 bis Juli 2007 für die Sterilherstellung Arzneimittel verwendet, die in Deutschland nicht zugelassen waren. Laut Gericht handelte es sich um Proleukin (Aldesleukin, Novartis). Das Zytokin wird zur Behandlung von Nierenzellkarzinomen eingesetzt. Die Apothekerin importierte die Präparate von der britischen Insel Isle of Man und aus Dänemark.
Um Fälschungen auszuschließen, hatte sie sogar Proben an den Hersteller gesendet. Dieser äußerte keine Bedenken. Die Beklagte sah den Bezug der Ware als Einzelimport an und sparte gegenüber den in Deutschland üblichen Einkaufspreis mehr als 200.000 Euro.
Die Krankenassen zahlten ihr für die Herstellung der Arzneimittel etwa 1,5 Millionen Euro. Laut Anklage hätten die Kassen allerdings keine Kosten für Arzneimittel übernommen, die in Deutschland nicht zugelassen sind.
Insgesamt wurden der Angeklagten der gewerbsmäßige Betrug in 75 Fällen sowie sieben Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz vorgeworfen. Das Gericht verureilt die Apothekerin nun wegen Betrugs in neun Fällen. Da die Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgab und den Schaden in Höhe von 700.000 Euro bei den Kassen bereits vor Prozessbeginn ausgeglichen hatte, urteilten die Richter zugunsten der Apothekerin.
Bereits im September 2012 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem ähnlichen Fall entschieden, dass Importarzneimittel bei der Herstellung von Zytostatikazubereitungen nicht verwendet werden dürfen. Da die Rechtssprechung zum Tatzeitpunkt allerdings noch unklar war, sieht das Gericht von einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen das AMG ab.
Laut BGH ist die patientenindividuelle Zubereitung eines Arzneimittels keine Rezeptur sondern eine Rekonstitution, bei der ein Arzneimittel lediglich in seine anwendungsbereite Form überbracht wird. Werden dann importierte Präparate verwendet, bringt der Apotheker ein in Deutschland nicht zugelassenes Arzneimittel in den Verkehr. Das Landgericht München hatte den Apotheker zuvor freigesprochen und soll nun neu über den Fall entscheiden. Gegen das Urteil wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt.
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