Apotheker auf der Jagd Maria Hendrischke, 31.01.2016 07:25 Uhr
Die Stadt-Apotheke in der bayerischen Gemeinde Stadtprozelten wurde 1816 als Dependance gegründet. Doch dem Gründer Christian Troß gefiel die Umgebung so gut, dass er seine Hauptapotheke aufgab und umzog. Denn der Apotheker hatte ein Hobby, dem er in Stadtprozelten wohl besonders gut frönen konnte – die Jagd.
Vor zwei Jahrhunderten stellte Troß den Antrag, zu seiner Apotheke in Klingenberg eine Filiale in Stadtprozelten eröffnen zu dürfen. Dort hatte sich ein Arzt niedergelassen. Die Apotheke in Stadtprozelten erleichterte das Leben der kleinen Gemeinde. Denn bis dahin hatten die Bewohner für ihre Medizin einen langen Fußmarsch zurücklegen müssen.
Umgekehrt schien Stadtprozelten auch Troß zu gefallen. Jedenfalls verkaufte er 1825 seine Apotheke in Klingenberg und siedelte vollständig an den Standort der bisherigen Filiale um. Diese Entscheidung hing möglicherweise auch mit einem Hobby des Apothekers zusammen: Troß war passionierter Jäger und um Stadtprozelten gab es ausgedehnte Wälder.
Die waren wohl zu verlockend, denn 1826 ging eine Beschwerde im Königshaus ein, dass Troß sich wegen einer Jagd tagelang nicht in der Apotheke blicken ließ, sondern die Arbeit stattdessen einem einfachen Gehilfen auftrug – und nicht einem examinierten Provisor.
Vielleicht war die Jagd für Troß auch vom Hobby zur Notwendigkeit geworden. Denn zu diesem Zeitpunkt liefen die Geschäfte weniger gut; der Arzt am Ort war verstorben. Doch selbst als eine neue Praxis öffnete, ließ sich der Apotheker vom Jagen nicht abbringen. Er wurde 1827 gezwungen, die Stadt-Apotheke zu verkaufen.
Danach wechselte die Apotheke häufig den Besitzer. Sie hatte noch 14 Inhaber und zog 1889 an ihren jetzigen Standort in der Hauptstraße um. 1965 kaufte Dr. Günther Borgwardt die Stadt-Apotheke. Nun kehrte Ruhe ein in die wechselvolle Geschichte der Offizin, denn sie blieb in Familienbesitz: 1978 übernahm der jetzige Inhaber, Thomas Borgwardt, die Apotheke von seinem Vater. Borgwardt führt die Apotheke mittlerweile seit 38 Jahren.
Die Stadt-Apotheke steht direkt am Fuße des Burghangs. Im März 2002 regnete es so stark, dass ein Erdrutsch den Garten hinter der Offizin zerstörte. Borgwardt machte aus der Not eine Tugend und erfüllte sich einen lang gehegten Wunsch: Er räumte das Grundstück frei und legte einen Heilpflanzen-Garten an, den er im Sommer 2005 eröffnete. Mittlerweile arbeitet mit Apothekerin Anneli Borgwardt-Weiskopt bereits die dritte Generation der Familie Borgwardt in der Stadtprozeltener Apotheke.