Ob Bandscheibenvorfall, Herzfehler oder Depression: Wer nach einer Krankheit oder einer Operation Bewegung braucht, landet häufig bei einem Sporttherapeuten. Deren Beruf ist abwechslungsreich, Karrierewege gibt es reichlich – Geld dagegen eher wenig.
Freya Füllgraebe bringt Menschen wieder in Bewegung. Die 25-Jährige absolviert den Masterstudiengang „Rehabilitation, Prävention und Gesundheitsmanagement“ an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln. Künftig will sie als Sporttherapeutin arbeiten.
Im Hörsaal erwirbt sie dafür die theoretischen Grundlagen, zum Studium gehören aber auch Praktika. In einem Gesundheitszentrum hat sie beispielsweise schon gearbeitet. Füllgraebe unterstützt ihre Klienten mit sportlichen Übungen dabei, ihre körperlichen Beeinträchtigungen zu überwinden. „Es gibt einem selbst ein gutes Gefühl, anderen zu helfen“, sagt sie.
Oft wird Sporttherapie mit Sportphysiotherapie verwechselt. Doch das ist nicht das Gleiche. „Sporttherapie kommt im Gesundheitssport, in der Prävention und in der Rehabilitation zum Einsatz“, erklärt Ulrike Spitz vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Sportphysiotherapie konzentriert sich dagegen meist auf die Behandlung von Leistungssportlern.
Sporttherapeuten arbeiten oft mit Gruppen und spezialisieren sich auf bestimmte Fachrichtungen. Im Bereich Orthopädie helfen sie Patienten etwa nach einem Bandscheibenvorfall, mit gezielten Bewegungsübungen wieder aktiv zu werden. „Nach Schema F wird dabei nie vorgegangen“, erklärt Füllgraebe. Jeder Patient ist anders, also müssen auf seine körperliche Verfassung ausgerichtete Trainingspläne zusammengestellt werden.
Leidet der Patient etwa an Bluthochdruck, muss sich das auch im Programm und der Zahl der Übungsstunden niederschlagen. Zeigt ein bestimmtes Training keine Wirkung oder überfordert es den Patienten, dann ist es Aufgabe des Sporttherapeuten, neue Übungen zusammenzustellen. „Das erfolgt oft am Schreibtisch“, sagt Füllgraebe. Ihr gefällt der Wechsel zwischen Büroarbeit und „auf der Fläche stehen“, wie sie das Anleiten von Patienten nennt.
Wer sich als Sporttherapeut auf Innere Medizin spezialisiert, hat mit Menschen zu tun, die etwa nach einer Herzoperation wieder in Bewegung kommen sollen. Oder er verhilft Depressiven und Übergewichtigen mit einer Bewegungstherapie zu einem besseren Körpergefühl. Sporttherapeuten mit der Fachrichtung Neurologie unterstützen Menschen nach einem Schlaganfall dabei, sich im Alltag sicher zu bewegen. Und speziell für Rheuma-Patienten gibt es in der Fachrichtung Rheumatologie ausgebildete Sporttherapeuten.
In den Beruf führen viele Wege – der Studiengang Sporttherapie an der DSHS in Köln ist nur einer davon. Sporttherapie wird auch als Zusatzqualifikation parallel zu oder nach einem sport- oder bewegungswissenschaftlichen Studium angeboten. „Auch Physiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Ausbildung können sich zum Sporttherapeuten weiterbilden“, sagt Prof. Lutz Vogt von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Die Weiterbildung orientiert sich an Leitlinien des Deutschen Verbands für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS).
Künftige Sporttherapeuten müssen spezielle Qualifikationskurse besuchen. „Die Kurse finden zum Teil am Wochenende statt, zum Teil dauern sie mehrere Wochen“, sagt Vogt. Pflicht ist etwa der Besuch eines Lehrgangs „Medizinisches Aufbautraining“: Dabei lernen die Teilnehmer in Theorie und Praxis, wie ein Training etwa an Seilzügen, Freihanteln oder Gymnastikbällen aussieht. Für die Kursgebühren müssen die Teilnehmer selbst aufkommen. Sie liegen zwischen 150 Euro und 400 Euro.
Zur Weiterbildung gehört außerdem ein sechsmonatiges Praktikum an einer ambulanten oder stationären Einrichtung im Gesundheitsbereich. „Das Praktikum kann verkürzt werden, falls schon während des Studiums Praxiserfahrungen gesammelt wurden“, sagt Vogt. Wer seine Nachweise und Bescheinigungen zusammen hat, meldet sich beim DVGS zur Prüfung an. Ist sie bestanden, erteilt der Verband Sporttherapeuten eine Lizenz in einem bestimmten Schwerpunktbereich. Spätestens zwei Jahre danach ist ein Auffrischungskurs im jeweiligen Fachgebiet Pflicht.
Die Bezahlung von Sporttherapeuten ist eher bescheiden, selbst mit einem Hochschulabschluss. Nach Angaben des Portals Gehalt.de, die zum Dienstleister PersonalMarkt gehört, haben Sporttherapeuten ein Jahresgehalt von etwas mehr als 30.000 Euro im Jahr. Auch für Freya Füllgraebe ist die Bezahlung eher ein Nachteil des Berufs. Zudem müssten Sporttherapeuten oft bis in den Abend arbeiten – und häufig auch am Wochenende. Ihre größte Herausforderung? „Alles unter einem Hut bringen“, sagt Füllgraebe, die neben ihrem Studium noch Leistungssportlerin im Vielseitigkeitsreiten ist.
Sporttherapeuten stehen nach Studium oder Weiterbildung viele Türen offen. Arbeiten können sie in Kurkliniken und Krankenhäusern, in Therapiezentren und Fitness-Studios, in Rehabilitationszentren und in Konzernen mit betrieblicher Gesundheitsvorsorge – oder sie gehen in die Wissenschaft. Dort lässt sich nach dem Master zum Beispiel noch eine Promotion absolvieren, die für leitende Positionen qualifiziert. Wer mag, kann sich auch mit einer eigenen Praxis selbstständig machen.
Die Jobaussichten dabei sind unabhängig vom Karriereweg gut: Denn Menschen werden immer älter, gleichzeitig nimmt die Zahl chronischer Erkrankungen zu. „Sporttherapeuten werden gebraucht“, sagt Vogt. „Künftig sogar vielleicht mehr denn je.“
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