Spiegel Online wartet heute mit einem interessanten Verbrauchertipp auf: Kolumnist Frederik Jötten ist der Ansicht, dass es dumm ist, abgelaufene Arzneimittel wegzuwerfen. Auch ein Pharmakologe kann ihn nicht davon abbringen, dass es beim Verfalldatum um Risiken geht und nicht um die Interessen der Pharmaindustrie.
Jötten schreibt, dass er immer alle Arzneimittel aufbewahrt, damit er notfalls etwas im Haus hat. Schließlich habe man nicht immer die Zeit, für ein neues Rezept zum Arzt zu gehen, oder sei hierzu einfach zu krank.
Weiter erklärt der Beitrag im Ressort Gesundheit, dass aus reinen Substanzen in einer Verpackung meistens keine schädlichen Stoffe entstünden. Allerdings gebe es gefährliche Ausnahmen. Meistens wirke das Mittel nur etwas weniger gut, weil ein Teil des Wirkstoffs mit der Zeit abgebaut werde. Seine Jodsalbe desinfiziere jedenfalls immer noch besser als Wasser.
Zur Vorsicht rät er bei Spiegel Online nur bei angebrochenen Säften und Tropfen, zumal zuckerhaltigen – „nicht umsonst züchtet man Bakterien im Labor in Zuckerlösungen“. Aber ein Hustensaft, der nach Anbruch noch sechs Monate haltbar ist, werde das auch noch nach zehn Monaten sein, „denke ich mir“. Da werde wohl eine Sicherheitszeitspanne eingerechnet sein.
Als Aufruf, generell abgelaufene Medikamente zu nehmen, will der Autor seinen Beitrag nicht verstanden wissen. Jeder müsse dies schließlich selbst verantworten. Sein Motto: „Bei lebensnotwendigen Arzneimitteln kommt es natürlich nicht in Frage, bei anderen Mitteln, wie zum Beispiel Aspirin, schon.“
Es folgt ein Interview mit Professor Dr. Jörg Breitkreutz, Direktor des Instituts für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Düsseldorf. Der räumt zunächst mit dem Vorurteil auf, die Hersteller würden extra kurze Verfallsdaten nehmen, um mehr Arzneimittel zu verkaufen.
Schließlich könne es schon einmal etwas länger dauern, bis ein produziertes Präparat tatsächlich beim Patienten lande. „Mit kürzerem Verfallsdatum riskiert man, dass große Mengen unverkäuflich werden“, so Breitkreutz. Viele Hersteller hätten erfolglos vor Gericht für eine längere Verwendbarkeit gekämpft. Die Beschränkung auf fünf Jahre habe mit dem Stand der Forschung und neuen Erkenntnissen zu tun, erklärt Breitkreutz.
Spiegel Online zitiert den Pharmakologen in der Überschrift mit dessen Aussage: „Auch ich nehme gelegentlich abgelaufene Medikamente“, im Interview folgt darauf allerdings der Halbsatz, „aber ich weiß einiges darüber und überlege mir genau welche“.
Breitkreutz erklärt auch geduldig, warum es beim Thema Keimfreiheit und gesundheitsschädigende Abbauprodukte manchmal besser ist, das niedrigste Risiko zu gehen. Spiegel Online wittert dennoch bis zum Schluss „Lobbyeinfluss“ beim Thema Verfalldatum.
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