„Hokuspokus – Geld weg!“ Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ geht in der aktuellen Titelgeschichte hart mit Alternativmedizin ins Gericht. Das Geschäft mit esoterischen Therapien wie Homöopathie boome. „Gutgläubige Patienten werden dabei mit falschen Hoffnungen geködert“, heißt es in einem Artikel. Auch Apotheken verdienten „kräftig“ mit.
In dem Artikel „Die Macht der Heiler“ berichtet das Magazin über zwei Patientenschicksale. Beide litten unter Schmerzen. Die eine suchte einen Heilpraktiker auf. Die Frau litt an rheumatoider Arthritis, die Heilpraktikerin diagnostizierte demnach Wechseljahrsbeschwerden und verordnete Rotwein mit Kräutern versetzt. Es folgten Aderlass, Heubädern und Augenwickel.
„Der Hokuspokus half nicht“, schreibt „Der Spiegel“. Die Schmerzen wurden schlimmer. Eine andere Frau wurde von einem Homöopathen wegen schlimmen Kopfschmerzen behandelt. Auch hier stellte sich demnach keine Besserung ein. Nach Jahren gab es keine Besserung. Die Zeit sei eine „homöopathische Tortur“ gewesen. Der Arzt habe der Patientin gesagt, je länger die Krankheit bestehe, desto länger halte die Erstverschlimmerung an.
Die Frau brach die Behandlung ab und fand dem Bericht zufolge Linderung mit einer schulmedizinischen Schmerztherapie. „Millionen gutgläubige Kranke suchen Hilfe bei alternativen Heilern, was häufig nur dazu führt, dass sie ihr Leiden unnötig verlängern – und zugleich eine florierende Esoterikindustrie reich machen“, heißt es.
Dem Bericht zufolge gibt es rund 47.000 Heilpraktiker, die jedes Jahr etwa eine Milliarde Euro Umsatz erwirtschafteten. Etwa die Hälfte davon bezahlten die Patienten selbst. Zudem gebe es 6900 Ärzte, die über eine von den Ärztekammern anerkannte Zusatzweiterbildung in Homöopathie verfügen. Und auch die Apotheken verdienten mit „an dem großen Schwindel“. Das „riesige Angebot verführt die ahnungslosen Patienten.“
Auch Medizinprofessor und Homöopathie-Gegner Edzard Ernst kommt zu Wort: „Das Volk wird systematisch verdummt und probiert dann zweifelhafte Behandlungen aus“, sagt er. Wenn weite Teile der Bevölkerung glaubten, es gebe tatsächlich so etwas wie „die Lebensenergie Qi oder Meridiane und Chakren“, dann gebe es keine Maßstäbe mehr. Die Grenzen zwischen Wahrheit und Unwahrheit würden unscharf.
Alternativmedizin könne man nicht verbieten, sagt der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Professor Dr. Jürgen Windeler, in dem Bericht. Aber es wäre möglich, sie „wenigstens einzudämmen“. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach erlebte laut eigenen Aussagen „den größten Shitstorm“ seiner Karriere, als er die Abschaffung der Bezahlung homöopathischer Behandlungen durch die Krankenkassen forderte. Und: „Ich bin im kampferprobt im Umgang mit Lobbygruppen“, sagt er dem Magazin.
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