Sven Krechting war zwei Jahre alt, als er ein Spenderherz bekam. Jetzt ist er 25 und steht wieder auf der Warteliste. Seit Juli liegt er im Herz-Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen. Krechting wird wie 15 weitere Kinder und Erwachsene, die in der Klinik auf ein neues Herz waren, auf der Warteliste als „high urgent“ - also dringender Fall – eingestuft. Um seine Geschichte zu erzählen und für Organspenden zu werben, hat er nicht nur eine Facebookseite eingerichtet, sondern auch einen Flyer entworfen. Auch zwei Apotheken helfen ihm. Am heutigen Weltherztag steht das Thema Herzgesundheit weltweit im Fokus.
Seit Anfang Juli ist Zimmer CHX01 auf der Transplantationsstation des Herzzentrums das Zuhause des Lageristen aus Volmarstein. Und es bleibt es, bis für ihn ein neues Herz gefunden ist. Neben dem Bett steht ein Infusionsständer, der ihn mit sechs Medikamenten versorgt. Sie stützen seinen Kreislauf und sein Herz, das nur noch eine Pumpleistung von 25 Prozent hat. Als er im Juli eingeliefert wurde, waren es nur 11 Prozent.
Dass er an sein Bett regelrecht gefesselt ist, scheint den 25-Jährigen offenbar zusätzlich zu bedrücken: „Mein Fenster, die Aussicht ist nicht die schönste, doch es ist das einzige was ich habe“, schrieb er vor wenigen Tagen auf seiner Facebookseite. „Ich sehe der Herbst ist gekommen. (…) Ich erinnere mich daran, wie der Herbst duftet, schließe einen Moment lang die Augen und spüre, wie der Wind weht.(…) Ich hoffe, dass ich das letzte Blatt, das diesen Herbst vom Baume fällt, aufheben werde.“
Weil nur ein fremdes, gespendetes Herz ihm diese Chance geben kann, ist es ihm so wichtig, „anderen die Augen zu öffnen“. „Man hört so viel Negatives über Organspenden, aber wenn jemand stirbt, kann das für andere Menschen eine neue Chance bedeuten. Das habe ich ja schon als Kind mitbekommen“, sagte Krechting einer Regionalzeitung.
1994 war Krechting schon einmal im Herzzentrum, als Kleinkind. Kardiomyopathie lautete die Diagnose. Wahrscheinlich durch einen Gendefekt war sein Herz so krank, dass er gestorben wäre, hätte es nicht einen Spender gegeben. Laut damaliger Auskunft der Ärzte sollte das Spenderherz zehn bis 15 Jahre halten. Letztendlich sind seitdem 23 Jahre vergangen.
Seit seiner ersten Transplantation wurde Krechting von der Adler-Apotheke in Wetter-Volmarstein betreut. Inzwischen wird sie von Alexander Milic geführt, der die Apotheke vor zwei Jahren von seinem Onkel übernommen hat. „Als Sven Krechting klein war und Medikamente gebraucht hat, wurden hier in der Rezeptur Kapseln für ihn hergestellt“, erzählt der Apotheker. „Seitdem sehen wir ihn mindestens einmal im Monat und kennen natürlich seine Geschichte sehr gut.“
Deshalb habe man nicht gezögert, als Krechtings Eltern vor wenigen Wochen in die Apotheke kamen und baten, den selbst entworfenen Flyer auslegen zu dürfen. „Die Anteilnahme unserer Kunden ist riesig“, berichtet Milic. Viele von ihnen würden den 25-Jährigen persönlich kennen. Nach nur wenigen Wochen wurden fast alle ihm zur Verfügung gestellten Flyern mitgenommen.
Auch in der Löwen-Apotheke in Herdecke, der Nachbargemeinde, hat man sofort eingewilligt, als die gleiche Bitte von Kerchtings Familie an sie gerichtet wurde. Seit einer Woche stehen die Flyer gut sichtbar neben den Kassen und werden laut Filialleiterin Saskia Sichelschmidt auch gern mitgenommen.
Dass das Spenderherz irgendwann versagen würde, deutete sich im Januar an, als Krechting an seinem 25. Geburtstag Herzstiche bekam. Ein Herzkranzgefäß war verengt und wurde in Bad Oeynhausen mit einem Stent, geweitet. „Ich habe gehofft, dass es dann besser wird, aber meine Belastbarkeit ist weiter gesunken“, erzählt der 25-Jährige einer Regionalzeitung. Nachdem die Ärzte ihm Gallenblase und Blinddarm entfernt hätten, sei etwa an Treppensteigen nicht mehr zu denken gewesen. Der junge Mann konnte nur noch wenige Meter zu Fuß gehen und war auch zu Hause auf Hilfe angewiesen. Dann folgten Lungenembolie und Lungenentzündung. Nach einem Erstickungsanfall wurde Krechting endgültig hospitalisiert. Es stand fest, dass er neuen Herz brauchen wird.
Inzwischen ist das Herz so schwach, dass der 25-Jährige seine Tage auf dem Bett sitzend verbringen muss. Um seine Niere zu entlasten, wird Sven Krechting immer wieder an eine Dialysemaschine angeschlossen, die sein Blut reinigt. In seinem jüngsten Eintrag auf Facebook schrieb er: Heute ist nicht so ein toller Tag, es ging mir schon direkt heute morgen nicht so super. Mehrere Krampfanfälle über den Tag verteilt. Ich bin wütend und erschöpft. Und meine Stimmung hält sich sehr in Grenzen.“ Doch aufgeben sei für ihn keine Option.
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