Korruptionsprozess

Spenden/Rezepte: Apothekerin bleibt unbestraft Tobias Lau, 07.03.2018 15:51 Uhr

Berlin - 

Der Bestechungsprozess gegen eine Berliner Apothekerin und einen ehemaligen Oberarzt der Charité ist vorbei. Am Mittwoch wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage von jeweils 10.000 Euro eingestellt. Bereits zuvor waren beide Angeklagten von mehreren Zeugen entlastet worden, sodass die Staatsanwaltschaft offensichtlich zu dem Schluss gekommen ist, dass es sich nicht um Bestechung, sondern maximal Vorteilsannahme handelte.

Der 67-jährigen Pharmazeutin Monika L. und dem 60-jährigen Onkologen Markus R. war besonders schwere Bestechung und Bestechlichkeit in 14 Fällen vorgeworfen worden. Der angestellte Oberarzt und Leiter der onkologischen Ambulanz soll der Apothekerin über Jahre Rezepte zugewiesen und als Gegenleistung von ihr elektronische Geräte im Wert von rund 30.000 Euro für seine Ambulanz erhalten haben. Damit hätten die beiden gegen „elementare Korruptionspräventionsregelungen“ verstoßen, warf ihnen die Staatsanwaltschaft vor.

In ihren Einlassungen zu Prozessbeginn hatten beide Angeklagten den Fall als tragischen Fauxpas geschildert: Die Inhaberin einer Zyto-Apotheke sagte, sie sei seit Jahrzehnten aus privaten und beruflichen Gründen mit der onkologischen Ambulanz der Charité verbunden gewesen. Sowohl ihr Vater als auch sie selbst waren dort behandelt worden. Daher habe sie auch gewusst, dass die technische Ausstattung dort miserabel gewesen sei. Teilweise habe man nicht einmal Rezepte drucken können, weil es keine funktionsfähigen Drucker gab. Deshalb hatte sie der Ambulanz in 14 Fällen über die Firma ihres Sohnes technisches Equipment zukommen lassen: Scanner, Drucker, Bildschirme, Laptops und ähnliches in einem Gesamtwert von knapp 30.000 Euro. Der Oberarzt stellte ihr dafür Spendenquittungen aus.

Das sei auch korrekt so, gab er vor Gericht zu. Doch habe es sich dabei nicht um Korruption, sondern lediglich um eine folgenreiche Fahrlässigkeit gehandelt: Er dachte, dass er als Oberarzt selbstverständlich befugt sei, selbstständig Spendenquittungen auszustellen, und hatte dementsprechend nicht noch einmal bei der Klinikleitung nachgefragt. Eine Gegenleistung für die gespendeten Geräte – etwa in Form von Rezepten, wie es ihnen die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte – habe es jedoch zu keiner Zeit gegeben. Die bisherigen Aussagen der Zeugen vor Gericht, darunter der Steuerberater der Apothekerin und zwei Charité-Krankenschwestern, hatten die Einlassungen gestützt.

Die Staatsanwaltschaft war zu dem Schluss gekommen, dass sich die Vorwürfe der besonders schweren Bestechung und Bestechlichkeit nicht nachweisen lassen, sondern höchstens um eine mögliche Vorteilsannahme oder Vorteilsgewährung, sagte eine Gerichtssprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC. Vorteilsnahme kann im Gegensatz zu schwerer Bestechung, auf die bis zu zehn Jahre Haft stehen, auch mit einer Geldstrafe geahndet werden. Damit war ein Vorgehen nach § 153a Strafprozessordnung möglich: Das Gericht kann das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts und der Angeklagten gegen Auflagen wie der Zahlung eines Geldbetrages einstellen. Nachdem das beim angeklagten Oberarzt bereits letzte Woche beschlossen wurde, folgte die Entscheidung nun auch für die Apothekerin.

Bis zur Zahlung der 10.000 Euro gilt die Einstellung als vorläufig. Ist das Geld bei der Staatskasse eingegangen, ist der Prozess endgültig vorbei. Es handelt sich zwar um keinen einwandfreien Freispruch, ein Schuldeingeständnis ist es jedoch auch nicht. Vor allem aber wurden beide Angeklagten nicht verurteilt und sind dementsprechend nicht vorbestraft. Das ist vor allem für den weiterhin berufstätigen Arzt von Bedeutung. Er hatte am zweiten Prozesstag eindringlich beschrieben, wie der vermeintliche Korruptionsfall seine berufliche Karriere zunichte gemacht hatte.

Kurz vor einer Vertragsverlängerung an der Charité hatte die Polizei seine Räumlichkeiten durchsucht – das Krankenhaus hatte die Verlängerung daraufhin verweigert. „Meine berufliche Zukunft ist ungewiss“, sagt er. Versuche ein potentieller Arbeitgeber, etwas über ihn herauszufinden, spucke das Internet aber vor allem eines aus: Berichte über einen korrupten Arzt, über Ermittlungen wegen besonders schwerer Bestechung. Monika L. hat ihre Apotheke im Prenzlauer Berg zwar bereits 2016 verkauft, aber auch sie schilderte, dass sie unter dem Gerichtsprozess leide. Der Fall verfolge und belaste sie aber immer noch, sie wolle endlich damit abschließen. Das kann sie nun.