Die parlamentarische Sommerpause ist für viele Politikerinnen und Politiker auch eine Gelegenheit für Termine in ihren Wahlkreisen. Gleich mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete schauten in Apotheken vorbei.
Gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Ruth Müller besuchte Martina Stamm-Fibich die Apotheken von Ulrike und Dr. Hellmut Schuldes in Rottenburg, um über das Apothekensterben und die Struktur der Apotheken im ländlichen Raum zu sprechen. Das Paar ist in der glücklichen Lage, dass die beiden Kinder die Apotheken weiterführen wollen. Trotzdem – oder gerade deshalb – haben sie Sorgen, die sie an die beiden Politikerinnen weitergeben wollten.
So werde es immer schwerer Personal zu finden. Zwei Mitarbeiter fehlten schon. Gleichzeitig steige der Arbeitsaufwand, auch durch die immer höher werdende Erwartungshaltung der Kunden. Nach der Corona-Pandemie sei auch noch ein Nachholeffekt bei Infektionskrankheiten zu spüren gewesen. Mit jeder Apotheke die schließe, erhöhe sich so der Druck. Hinzu kommen zunehmende Vorschriften und steigender Dokumentationsaufwand.
Dr. Hellmut Schuldes beklagt, dass die Vergütung für die Apotheker seit zehn Jahren nicht mehr gestiegen sind. Die Notdienste an Sonn- und Feiertagen leistet er zusammen mit seiner Frau – Personal wäre für diese Zeiträume mit den aktuellen Vergütungssätzen schlichtweg nicht finanzierbar. Weil sich immer weniger Apotheken den Notdienst teilen, steigt die Belastung für den einzelnen. Bis zu 80 Notdienste leistet das Ehepaar Schuldes pro Jahr.
Die Lieferengpässe tragen laut Müller dazu bei, dass über Apotheken so viel gesprochen, wird, wie schon lange nicht mehr Aus Sicht der Landtagsabgeordneten gehören Apotheken zur Daseinsvorsorge. Gerade ältere Menschen seien darauf angewiesen, dass eine Apotheke vor Ort ist oder eine weiter entfernte Apotheke einen Lieferservice anbietet. Ulrike Schuldes berichtet, dass ihre Mitarbeiter inzwischen Medikamente in zwei Touren ausfahren. Hier werde der wahre Wert von Medikamenten deutlich, betonte Stamm-Fibich.
Trotz ihrer Bedeutung würden Apotheken oft als Inbegriff hoher Preise verschrien, bedauerte Müller. Um Lieferengpässen zu begegnen, arbeiten die beiden Rottenburger Apotheken mit drei Großhändlern zusammen. Das Computersystem frage dort dreimal pro Tag ab, welche Medikamente wieder verfügbar seien, und informiere die Apotheker, damit diese sofort ordern. All das koste Zeit.
„Uns ist klar, was die Apotheken für die Daseinsvorsorge leisten“, betonte auch Stamm-Fibich. Apotheken würden immer wichtiger, könnten für ältere Leute sogar ein Treffpunkt sein, in einem Ort, in dem es keine Geschäfte mehr gibt und selbst die Bank nur noch einen Automaten betreibt. Während in vielen Städten eine Apotheke neben der anderen zu finden ist, werden die Apotheken auf dem Land weniger. Man müsste deshalb einen Weg finden, die Landapotheken zu unterstützen. „Wir brauchen eine bessere Art der Vergütung“, betonte Stamm-Fibich. Müller bekräftigte: „Wir müssen die guten Strukturen an Apotheken erhalten, damit auch der Apothekernachwuchs eine Zukunftsperspektive hat.“
SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt war zu Gast in der Dill-Apotheke in Herborn. Inhaber René Weigand und sein Team zeigten ihr die Herstellung von Zäpfchen und Salben, die Suche nach Arzneimitteln in der Datenbank und sogar die Abfüllung von Substitutionsprodukten. „Wir müssen es den Apotheken leichter machen: durch Bürokratieabbau und mehr Flexibilität. Und durch eine sichere Finanzierung, die Versorgung und Dienstleistung für die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellt“, wurde sie im Anschluss von der Abda zitiert.
Dirk Heidenblut, ebenfalls SPD-Abgeordneter im Bundestag und Berichterstatter für Apotheken, besuchte die Glocken-Apotheke in Rüttenscheid. Er informierte sich bei Inhaber Herbert Bas und Dr. Daniel Werner von Probatix über die niedrigschwellige Diagnostik, die die Apotheke in Kooperation mit dem Diagnostik-Startup anbietet.
In dieser Woche geht es weiter mit Politikerbesuchen: Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) besucht auf seiner Sommertour am Mittwoch das Pfizer-Werk in Karlsruhe, bevor es einen Tag später in die Hohenzollern-Apotheke in Krauchenwies geht.
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