Spanien

Grünenthal muss doch nicht zahlen dpa, 22.10.2014 15:10 Uhr

Forderungen verjährt: Ein spanisches Gericht hat in einem Contergan-Prozess eine Verurteilung von Grünenthal zu Entschädigungszahlungen aufgehoben. Foto: Grünenthal
Madrid - 

Ein spanisches Gericht hat in einem Contergan-Prozess eine Verurteilung des deutschen Pharmakonzerns Grünenthal zu Entschädigungszahlungen aufgehoben. Das Madrider Landgericht entschied in einem Berufungsverfahren, dass die Forderungen spanischer Contergan-Opfer verjährt seien. Es gab damit einem Antrag des Unternehmens statt, das die Entscheidung der ersten Instanz angefochten hatte.

Etwa 180 Betroffene hatten Entschädigungen von insgesamt 204 Millionen Euro verlangt. In erster Instanz hatte ein kleiner Teil der Kläger recht bekommen. Das Gericht verurteilte das Unternehmen dazu, einigen der Betroffenen für jeden Prozentpunkt der Behinderung eine Entschädigung von jeweils 20.000 Euro zu zahlen.

Grünenthal legte Berufung ein und argumentierte unter anderem, dass die Kläger keine Beweise für die Klageansprüche erbracht hätten. Betroffene erhielten zudem bereits „umfassende finanzielle Unterstützung“. Das Berufungsgericht begründete die Aufhebung des Urteils damit, dass die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt der Diagnose einer Krankheit beginne. Nachträglich auftretende Folgeschäden änderten nichts daran, entschieden die Richter.

Der Zusammenschluss der spanischen Contergan-Opfer (Avite) kündigte an, das Urteil vor dem obersten Gerichtshof anzufechten. „Das ist ein herber Tiefschlag für uns“, sagte der Avite-Präsident José Riquelme.

Grünenthal betonte, für Geschädigte gebe es effektive und etablierte Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung zu bekommen. „All diese Betroffenen sind nach wie vor und unabhängig von dem Gerichtsurteil berechtigt, dieselben Unterstützungsangebote zu erhalten, die die deutsche Conterganstiftung auch deutschen und spanischen Thalidomid-Betroffenen derzeit zukommen lässt“, erklärte das Unternehmen in einer Stellungnahme.

Die Kläger hatten dem Pharma-Konzern vorgeworfen, den Contergan-Wirkstoff Thalidomid in Spanien mehrere Jahre weiter vertrieben zu haben, nachdem das Mittel in Deutschland 1961 bereits vom Markt genommen worden war.

Das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan hatte Ende der 1950er Jahre einen der größten Arzneimittelskandale ausgelöst. Weltweit kamen 10.000 Kinder mit schweren körperlichen Missbildungen zur Welt, davon 5000 in Deutschland.