Sozialpolitik

Spahn trifft Hartz-IV-Kritikerin

/ , Uhr aktualisiert am 29.04.2018 08:04 Uhr
Berlin -

Die Hartz-IV-Kritikerin Sandra Schlensog hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine von rund 210.000 Menschen unterzeichnete Online-Petition übergeben. Die beiden trafen sich zu einem gut einstündigen Gespräch in Karlsruhe. Spahn will Hartz IV nicht ausprobieren.

Der Minister nannte es bemerkenswert, wie viele Unterschriften zusammengekommen sind. „Allerdings denke ich, dass es viele Bürger eher als Farce empfänden, wenn ich als Bundesminister versuchte, für einen Monat von Hartz IV zu leben. Denn zu offenkundig käme mein beruflicher Alltag auch dann der realen Lage eines Hartz-IV-Empfängers nicht nahe.“

Spahn nannte es „hilfreich, mit Frau Schlensog die konkreten Probleme ihres Alltags zu besprechen“. Und er räumte ein: „Mit Hartz IV zu leben, ist ohne Zweifel schwierig, denn es deckt als soziale Grundsicherung nur das Nötigste ab.“ Zugleich lobte er Schlensogs Bemühungen, Arbeit zu finden und daneben eine so beeindruckende Kampagne auf die Füße zu stellen. „Das zeigt aus meiner Sicht, dass die Grundsicherung funktioniert und eine Teilnahme am sozialen und politischen Leben ohne existenzielle Not möglich ist.“ Schlensog nannte es schade, dass Spahn sich auf das Experiment nicht einlasse, seine Einwände seien aber nicht völlig von der Hand zu weisen.

Die arbeitslose und alleinerziehende Schlensog hatte Spahn vor mehreren Wochen für seine Aussage kritisiert, dass Hartz IV nicht Armut bedeute, sondern die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut sei. Sie hatte die Online-Petition gestartet, mit der sie den Minister auffordert, selbst einen Monat lang von dem Geld zu leben, das sie bekommt. Spahn hatte Schlensog daraufhin angerufen und ihr ein Gespräch unter vier Augen angeboten.

Vor dem Treffen in der Wohnung der 40-Jährigen demonstrierten etwa 100 Menschen in der Innenstadt. Die Teilnehmer forderten mehr Geld und eine bessere Behandlung von Beziehern der Sozialleistung. „Wir sind hier, weil es Zeit ist aufzustehen“, sagte Schlensog bei dem Protest in der badischen Stadt. Schlensog warf dem Minister vor, mit seinen Aussagen auf denen herumzutrampeln, die sich am wenigsten wehren könnten. „Herr Spahn, leugnen Sie nicht weiter die Armut, die Hartz IV verursacht. Schämen Sie sich“, sagte sie.

Nicht nur das Thema Hartz IV stand bei Spahn auf der Agenda. Auch zum Problem des Pflegekräftemangels äußerte er sich. Er strebe für die Altenpflege mehr als die im Koalitionsvertrag vereinbarten 8000 zusätzlichen Stellen an. „Mein Ziel ist, dass in jeder der 13.000 stationären Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland zusätzliches Personal ankommt“, sagte er dem Spiegel. Das sei im vereinbarten Pflege-Sofortprogramm zu regeln. „Dazu will ich im Mai einen Entwurf vorlegen, den das Kabinett noch vor der Sommerpause beschließen könnte.“ Im vergangenen Jahr fehlten nach früheren Angaben der Bundesregierung in der Altenpflege 14.785 Fachkräfte und 8443 Helfer.

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sagte dazu am Samstag in Berlin: „Die Ankündigung über 8000 Stellen hinaus Stellen zu schaffen, wird allein nicht reichen.“ Es brauche auch eine bessere Bezahlung, und die Arbeitsbelastung in der Pflege müsse reduziert werden. Für die Grünen-Fraktion ist das alles „nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, wie ihre pflegepolitische Sprecherin Kordula Schulz-Asche erklärte. „Wir fordern ein Pflege-Sofortprogramm mit insgesamt 50.000 zusätzlichen Stellen in der Alten- und Krankenpflege.“

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