Das Apothekenmuseum im bayerischen Marktheidenfeld startet in eine neue Saison. Zum Auftakt können Interessierte am Sonntag in den Genuss einer kostenlosen Führung kommen. Pharmazeut Dr. Eric Martin führt in der ehemaligen Obertor-Apotheke durch über 250 Jahre Apothekengeschichte.
Rund 1000 Exponate erwarten die Besucher, sie reichen von Alltagsgegenständen wie Stand- und Abgabegefäßen bis hin zu historischen Fertig- und Rezepturarzneimitteln. „Wir können alle Facetten des Berufsbildes, aber auch der Pharmaziegeschichte präsentieren“, sagt Martin stolz. Sein Lieblingsstück ist jedoch die Materia Medica, der Arzneischatz. Im Museum wird dieser Arzneischatz aus der Zeit der Gründung der Apotheke im 18. Jahrhundert in einem ausführlichen Katalog erläutert. „Die Materia Medica liegt mir sehr am Herzen“, sagt der Apotheker. „Es ist für das heutige Verständnis wirklich sehr befremdlich, mit was man damals alles heilen wollte.“
So sei Einhornpulver in der frühen Neuzeit ein begehrtes Arzneimittel gewesen. Das Problem: Es gibt keine Einhörner. Also wurde den Menschen alles mögliche als Einhornprodukt verkauft. Auch Hirnschalen als Standardbehandlung bei Epilepsie oder zerkleinerte Mumienteile können dort betrachtet werden. „Wir leben heute Gott sei Dank in einer aufgeklärteren Welt“, befindet Martin. Auch ein Rezepturtisch mit Verpackungen aus dem 19. Jahrhundert gehört zu den Blickfängern in der Offizin. Dabei betont er die Nähe der Exponate zu den Besuchern: „Das Ganze ist so konzipiert, dass man alles anfassen kann, selbst Schränke öffnen und Schubladen herausziehen.“
Bis 2012 war Martin selbst Inhaber der Obertor-Apotheke, musste sie aber aus wirtschaftlichen aufgeben. Doch sein Herz hing an der Offizin und so hat er alles in Bewegung gesetzt, sie zumindest als Museum zu erhalten. „Eine andere Verwendung kam für mich nicht in Frage“, erklärt er. Es wäre auch eine Schande gewesen, schließlich handelt es sich um eine der ältesten Apotheken der Region: Das Apothekengebäude wurde 1711 errichtet, der Betrieb der Apotheke ist seit 1750 nachgewiesen. Martins Familie stellte seit 1939 die Inhaber.
Die Geschichte der Apothekerdynastie lässt sich im Museum ebenfalls betrachten, Martin hat Dokumente seines Groß- und Urgroßvaters ausgestellt. Martin, heute Inhaber der Hubertus-Apotheke in Marktheidenfeld, gibt die Führungen selbst, auch unabhängig von den jeweiligen Öffnungszeiten. Die hatte er dafür mangels Touristen im Winter von einem halben auf zwei halbe Tage gekürzt. Nun, ab Mai bietet er wieder zwei Öffnungstage an und zeigt sich zufrieden mit den bisherigen Zahlen. Rund 800 Besucher hatte seine Offizin dieses Jahr bereits. Am Sonntag verzichtet er nun anlässlich des Markttags auf die 3 Euro Eintritt, die er sonst nimmt. Es dürfte Wirkung zeigen, Martin rechnet mit dem geschäftigsten Tag des bisherigen Jahres: Bis zu 100 Gäste erwartet er.
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