Bei vielen Badegästen ist es ein Ritual: Bei der Ankunft am Strand wird erstmal dick Sonnencreme auf die Haut geschmiert und dann ab ins kühle Nass. Viel Creme landet dabei im Wasser. Das kann Folgen haben.
Der unsachgemäße Gebrauch von Sonnencremes beim Strandbesuch kann nach Expertenmeinung langfristig zu Schäden in der Meeresumwelt führen. Bei Messungen in der Ostsee vor Warnemünde (Mecklenburg-Vorpommern) wurden im vergangenen Sommer sogenannte UV-Filter gefunden, die aus Sonnencremes stammen, wie die Chemikerin Kathrin Fisch vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde sagte. Bei den Messungen konnte sie beispielsweise 30 Nanogramm UV-Filter pro Liter Ostseewasser nachweisen.
Im Einzugsbereich des Mühlenfließes, einem Ostseezufluss bei Bad Doberan, waren es 170 Nanogramm UV-Filter pro Liter Wasser. Ein Nanogramm ist ein milliardstel Gramm. Die Mengen im Nanogramm-Bereich seien wahrscheinlich für den Menschen ungefährlich, sagte Fisch. Auf lange Sicht könne aber eine Gefahr für Meeresorganismen bestehen.
Die Wissenschaftlerin geht davon, dass die UV-Filter dann abgetragen werden, wenn sie in zu großen Mengen auf die Haut gebracht werden. Auch zu kurze Einwirkzeiten der Cremes vor dem Baden könnten dafür verantwortlich sein. Eine wichtige Schlussfolgerung ihrer Ergebnisse sei, dass die Strandbesucher die Sonnencreme erst nach dem Baden auftragen sollten.
Der Chef des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Dr. Christopher Zimmermann, sieht keine akute Bedrohung durch die Sonnencreme-Reste für die Fische in der Ostsee. „Im Meer sind die Verdünnungen gewaltig.“ Er verweist jedoch auf Untersuchungen beim Aal, der sich in einem physiologisch schlechten Zustand befindet. Dies werde allgemein auf den negativen Einfluss von Chemikalien zurückgeführt, die sich anreichern und dann auf das Hormonsystem wirken. „Allerdings holt der Aal sich seine Belastung im Süßwasser ab.“
„Es gibt Tausende Verbindungen, die die Gewässer belasten“, sagt Fisch. Dazu zählten auch Arzneimittelrückstände. Sie macht darauf aufmerksam, dass andere Forscher in Laborversuchen festgestellt haben, dass manche Antibiotika oder auch Schmerzmittel hormonell verändernde Wirkungen auf Meerestiere wie Strandkrabben oder Muscheln haben können.
Vermutlich stamme ein großer Teil der Schadstoffe aus den Abwässern der Anrainerkommunen. „Der menschliche Körper nimmt sich das, was er braucht“, sagt die Chemikerin. Die im Haushaltsabwasser gelösten Verbindungen können aber nicht von den Kläranlagen herausgefiltert werden und gelangen so ins Meer. Wahrscheinlich sei auch, dass das Urinieren im Meer ebenfalls einen Beitrag leiste. Es sei also nicht nur besser, Sonnencremes sparsam zu dosieren, sondern auch, das nahe Toilettenhäuschen aufzusuchen als einfach ins Meer zu pinkeln.
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