Dengue: Soldaten bekämpfen Mücken dpa, 31.07.2017 11:23 Uhr
Es ist einer der größten Einsätze für Sri Lankas Militär seit Ende des Bürgerkriegs vor acht Jahren: Zusammen mit der Polizei gehen Soldaten in der Hauptstadt Colombo von Haus zu Haus, um Brutstätten für Mücken zu beseitigen. Auch Schulkinder helfen mit. Bewohner, auf deren Grundstück stehendes Wasser entdeckt wird, in dem Mücken brüten, müssen eine Strafe zahlen. Der Grund für die Aktion: Sri Lanka erlebt derzeit den laut Rotem Kreuz schlimmsten Ausbruch von Dengue-Fieber seiner Geschichte.
„Wir brauchen die Mitarbeit der Öffentlichkeit, um die Ausbreitung von Dengue unter Kontrolle zu bringen“, sagt Gesundheitsminister Rajitha Senaratne. „Die Regierung steckt all ihre Anstrengungen in die Eindämmung der Krankheit.“
Mehr als 114.000 Menschen sind in diesem Jahr nach offiziellen Zahlen in dem Inselstaat im Indischen Ozean an dem Virus erkrankt, 315 sind gestorben. Das sind bereits mehr als doppelt so viele Infektionen und fast dreimal so viele Tote wie im ganzen vergangenen Jahr. Selbst im Nachbarland Indien mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern gab es 2016 weniger Dengue-Todesfälle.
Das Dengue-Fieber ist eine in den Tropen und Subtropen weit verbreitete Virenkrankheit, die von vorwiegend tagaktiven Stechmücken übertragen wird. Die Infektion verursacht Fieber, Kopf und Gliederschmerzen. In schweren Fällen kommt es zu Gefäßschäden und inneren Blutungen. Weltweit erkranken nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedes Jahr fast 400 Millionen Menschen an Dengue-Fieber. Eine schützende Impfung gibt es bislang nicht – ein umstrittener neuer Impfstoff ist bisher nur in wenigen Ländern zugelassen.
Colombos Krankenhäuser sind derzeit völlig überfüllt: Oft müssen sich zwei oder drei Patienten ein Bett teilen, andere liegen auf dem Boden. Manche Kliniken weisen Kranke ab. Betroffen sind zudem nicht nur die Patienten. „Meine Schwester Anoma arbeitete in einem Krankenhaus am Empfang. Sie hat Fieber bekommen und ist nach nur zwei Tagen gestorben“, erzählt Anura Dissanayake, ein Bewohner von Colombo. „Die Mitarbeiter haben Angst, selbst Opfer zu werden.“
In Sri Lanka und anderen Ländern Südasiens bringen die Regenfälle der Monsunzeit Brutstätten für Mücken mit sich – und damit die von den Insekten übertragenen Krankheiten. Dazu gehören auch Malaria und Chikungunya-Fieber. Schlimmer als sonst ist es nun auch wegen der sich stapelnden Müllhaufen an den Straßenrändern der Hauptstadt. Im April stürzte eine Mülldeponie in einem Vorort von Colombo ein und begrub Dutzende Häuser unter sich. Mindestens 30 Menschen starben.
Seitdem fehlt es an einem Ort für den Abfall der Stadt. „Das hat direkt mit der Dengue-Situation zu tun, denn die Mücken brüten in den verstopften Abflüssen“, erklärt der Umweltaktivist Supun Lahiru. Die Hauptstadt ist am schlimmsten von dem Ausbruch betroffen. Rund die Hälfte der Fälle hat es in der Westprovinz gegeben, zu der Colombo gehört. Aber auch andere Gegenden des Landes wie die bei Touristen beliebte Südküste sind nicht verschont geblieben.
Mehrere Länder haben Reisewarnungen ausgesprochen. Deutschland gehört bislang nicht dazu. Die Regierung hat angesichts sinkender Touristenzahlen zu der Rücknahme dieser Warnungen aufgerufen und zugleich um Hilfe aus dem Ausland gebeten. Die WHO hat Präventionsprogramme in dem 20-Millionen-Einwohner-Staat gestartet, zu denen Australien finanziell beiträgt.
Die Bemühungen der srilankischen Regierung stoßen derweil an Grenzen. „Trotz der andauernden Aufräumarbeiten stellen wir fest, dass immer wieder dieselben Orte befallen sind“, erklärte der Epidemiologe Nimalka Pannila Hetti von der Nationalen Dengue-Schutz-Einheit des Gesundheitsministeriums in der vergangenen Woche vor Journalisten.
In Sri Lanka gibt es zwei Monsunzeiten pro Jahr – von Mai bis September im Westen und Süden sowie von Oktober bis Februar im Osten und Norden. «Beim nächsten Monsunregen im Oktober müssen wir mit einem weiteren Dengue-Ausbruch rechnen», sagte Pannila Hetti.