Mediziner warnen vor schweren Verletzungen durch einen leichtsinnigen und unsachgemäßen Gebrauch von Feuerwerkskörpern zu Silvester. Professor Dr. Christoph Hirche, Chefarzt der plastischen Hand- und rekonstruktiven Mikrochirurgie an der BG Unfallklinik Frankfurt, berichtet von Verbrennungen und Verletzungen vor allem an Händen, im Bereich des Brustkorbs und des Gesichts, weil kein ausreichender Abstand eingehalten und unvorsichtig mit Knallkörpern hantiert werde.
„Besonders unter Alkoholeinfluss und bei Verwendung von veralteten, selbst gebauten oder nicht-geprüften Feuerwerkskörpern entstehen schwerste Verletzungen, welche sofort behandelt werden müssen“, so Hirche. Und trotzdem: Oft tragen die Betroffenen trotz schneller ärztlicher Hilfe irreversible Schäden davon oder eine Wiederherstellung sei nicht mehr ganz möglich, sagt der Mediziner.
Wer sich schwere Weichteil- und Handverletzungen sowie Verbrennungen zuziehe, sollte sich untersuchen und behandeln lassen – und zwar von einem Expertenteam, rät Hirche. Dies seien in der Regel plastische Chirurgen und Chirurginnen mit besonderer Expertise in der Mikro- und Handchirurgie.
Denn wenn solche Verletzungen nicht behandelt werden, könnten etwa die Finger irreparabel geschädigt werden, so der Mediziner. Mit schwerwiegenden Folgen: „Gerade Handverletzungen durch Böller und Feuerwerk können die Funktion, soziale Teilhabe und Lebensqualität dauerhaft einschränken“, erklärt Hirche. Dazu tragen laut dem Experten neben Verbrennungen und offenen Wunden bis hin zu Amputationen vor allem die durch den Explosionsdruck der Feuerwerkskörper ausgelösten Gewebeschäden an Händen bei. Die Durchblutung der betroffener Areale könne dadurch gefährdet sein.
Die Bundesärztekammer fordert ein bundesweites Böllerverbot an Silvester. „Die politisch Verantwortlichen sollten eine Silvesternacht in einem Rettungswagen oder in einer Notfallambulanz verbringen, dann würde sich ihr Blick auf das scheinbar friedliche Silvesterfeuerwerk schnell ändern“, sagte Kammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Neben der erhöhten Verletzungsgefahr durch Raketen und Böller seien insbesondere Rettungs- und Ordnungskräfte zum Jahreswechsel Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt.
Vergangenes Jahr gab es laut Ärztekammer allein 838 Menschen, die durch Silvesterknaller Verletzungen an den Augen erlitten – das sei ein Höchststand. Das seien rund 300 Verletzte mehr als in den Jahren vor der Corona-Pandemie. Zusammen mit den Ohr-, Brand- und Handverletzungen lag die Zahl demnach im vierstelligen Bereich. Besonders tragisch sei die hohe Anzahl minderjähriger Opfer.
Die Bundesärztekammer setze sich daher zusammen mit Umwelt- und Tierschutzorganisationen, Ärzteverbänden und Polizei für ein Böllerverbot an Silvester ein und fordert Unterstützung von Bund und Ländern. „Niemand möchte den Menschen die Möglichkeit nehmen, Silvester ausgelassen zu feiern. Aber für einen schönen Jahreswechsel braucht es kein Schwarzpulver“, so Reinhardt.
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