Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, auch in der Offizin merke ich das immer wieder. Während der eine seine letzten Cents aus seinen Hosentaschen holt, um eine Packung Paracetamol des günstigsten Herstellers zu kaufen, möchte ein anderer wohl betuchter Herr noch 3 Prozent Rabatt auf sein pflanzliches Prostatamittel. Es gibt sogar Kunden, die denken, dass Geld alle Türen öffnet – und dabei die Arztpraxis mit der Apotheke verwechseln.
Muss ich Privatpatienten besonders freundlich behandeln und sie bevorzugen?
Max: Hey Sarah, wie kommst du denn jetzt darauf? Natürlich nicht. In der Regel möchten doch alle Ratsuchenden schnell ihre Medikamente bekommen und versorgt werden.
Vor allem wenn sie beim Arzt drei Stunden gewartet haben, können sie hier keine drei Minuten warten. Das ist wohl zu viel verlangt ...
Max: Was ist denn passiert?
Gestern kam ein Kunde in die Apotheke: 55, kräftig gebaut und unfreundlich. Er legte mir drei Privatrezepte auf den HV-Tisch – Blutdruck- und Asthmamedikamente, ein Antiallergikum sowie eine Rezeptur, insgesamt fünf Arzneimittel. Ich sah mir die Verordnungen genau an und begann, die Namen einzugeben.
Er: Die Blutdrucktabletten bekomme ich von Firma X. Mein Asthmaspray ist grün. Nichts anderes! Die Sprechstundenhilfe schafft es einfach nicht, meine gewünschten Produkte aufzuschreiben. Ich suche mir einen anderen Arzt!
Ich: Ok, ich verstehe. Danke für den Hinweis. (Ich suchte und suchte, aber das von ihm beschriebene grüne Asthmaspray gab es einfach nicht.) Sind Sie sich sicher, dass das Spray grün ist?
Er: Hören Sie mal junge Dame! Ich nehme seit Jahren das gleiche Produkt. Sind Sie neu hier?!
Dass ich nicht sofort wusste, was er meinte, kostete uns weitere zwei Minuten.
Er: Dauert das noch lange hier? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit ... Mein Bus kommt gleich!
Ich kam zurück mit einem weiß-grauen Asthmaspray, in der Hoffnung dass es das Richtige war. Vielleicht war ja die Verpackung grün und nicht das Spray?
Ich: Könnte es das gewesen sein?
Er: Na endlich! Ich wollte schon gehen.
Ich sagte leise: Ja, aber die Umverpackung ist an einer Stelle grün und nicht das Spray ...
Danach musste ich auch schauen, wann er die Creme abholen konnte. Denn vor seiner waren noch fünf weitere Rezepturen dran.
Ich: Die Tabletten haben wir alle vorrätig, Sie können sie gleich mitnehmen. Die Creme muss angerührt werden. Montag um 17 Uhr wäre sie abholbereit.
Er: Ich bringe Ihnen drei Rezepte, sie verdienen so viel Geld mit mir. Ich bin Privatpatient, sie müssen meine Creme zuerst herstellen!
Ich: Vor Ihnen haben fünf andere eine Verordnung mit einer Rezeptur abgegeben. Früher schaffen wir es auch aus Gründen der Personalkapazitäten nicht.
Er: Ich komme am Montag um 13 Uhr in der Mittagspause meine Creme abholen.
Der Kunde hat dann die zwei Rezepte bezahlt, die Rezeptur wollten wir später abrechnen.
Max: Und wie wollt ihr das schaffen? Ihr seid doch dünn besetzt?
Ich: Der Kunde ist König, darf alles sagen und fordern ... Würde jetzt der Chef sagen.
Max: Die Menschen werden immer dreister und unfreundlicher, aber mach dir nichts draus. Es hat nichts mit dir zu tun. Apothekerin und Fantaschale – zusammen schaffen wir das bis 13 Uhr!
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