Seltene Erkrankungen

Anteil unklarer Diagnosen nimmt zu

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Berlin -

In Deutschland leiden insgesamt rund vier Millionen Menschen an einer der 6000 seltenen Erkrankungen, die bislang einen Namen haben. Europaweit sind 30 Millionen Menschen betroffen. Doch die Diagnose ist oft schwierig und langwierig, denn es fehlt an Spezialisten und oft auch an wirksamen Therapien. Deren Erforschung ist teuer und für Pharmaunternehmen wenig lukrativ. 

Das Gros der „Seltenen“ ist unheilbar, viele sind lebensbedrohlich und verlaufen chronisch. Jana Seifried etwa leidet an Achalasie, einer unheilbaren motorischen Störung der Speiseröhre. Schließlich wog sie bei einer Körpergröße von 1,67 Meter 138 Kilogramm. In der Klinik wie man sie vor 15 Jahren mit „unklarer Genese“ wochenlang in die Psychosomatik ein. Erst sieben Jahre und eine Krankenhaus-Odyssee später hatte Seifried schließlich ihre Diagnose.

Der Anteil unklarer Diagnosen nehme zu, sagt die Medizinerin Dr. Christine Mundlos, seit 2006 von 15 Prozent auf mittlerweile 25 Prozent. Mundlos arbeitet an der Charité für die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) und ist als Lotsin Ansprechpartnerin für Ärzte, die Rat suchen: Während am Betroffenen-Telefon der ACHSE 800 bis 1000 Anfragen pro Jahr auflaufen, melden sich bei der Lotsin etwa 90.

Auch Dr. Annette Grüters-Kieslich kennt als Beiratsmitglied der ACHSE solche Fälle zu genüge. An der Charité leitet die Professorin die Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie. Sie behandelt Kinder mit Seltenen Erkrankungen – die Patienten gelangen meist über ein spezielles Charité-Centrum (BCSE) an die einzelnen Fachkliniken.

„Bei seltenen Erkrankungen spielt die Koordination eine wesentliche Rolle. Wir haben Anfragen von außen und von innen, von Ärzten und Patienten. Und wenn die Symptome unklar sind, halten wir eine Fallkonferenz mit Vertretern verschiedener Disziplinen ab.“ Auch bundesweit sind die 21 Fachzentren mit Schwerpunkten auf verschiedenen Seltenen Erkrankungen (SE) vernetzt.

„Vieles ist im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes aber noch im Aufbau“, sagt Grüters-Kieslich. So entsteht derzeit ein umfangreicher SE-Atlas –eine Art interaktive Landkarte von Versorgungseinrichtungen für Betroffene, Angehörige, aber auch Ärzte und nicht-medizinisches Personal.

Die Berlinerin Seifried wiegt heute kaum 48 Kilogramm und wird über eine Sonde und einen Port ernährt. Ihre Speiseröhre, die durch einen Gendefekt nicht richtig arbeitete und immer schmerzhafter verkrampfte, hat sie längst nicht mehr. Weil nach weiteren Komplikationen auch Magen und Dünndarm entfernt werden mussten, ist es jetzt ein Stück ihres Dickdarms, der am Zungengrund angenäht wurde und als Speiseröhre fungiert. Gegen die starken Schmerzen bekommt sie mittlerweile Morphium. „Meine Hoffnung ist eine Dünndarmtransplantation“, erzählt sie.

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