Selbstmedikation

Zu wenig OTC für sozial Benachteiligte

, Uhr
Berlin -

Sozial Benachteiligte kaufen aus finanziellen Gründen nur 60 Prozent der benötigten OTC-Medikamente. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Landeszentrale Gesundheit in Nordrhein-Westfalen (LZG). Der Verzicht auf Arzneimittel könnte Gefahren für den Einzelnen, aber auch für die öffentliche Gesundheit darstellen.

Die Befragung sollte klären, ob und in welchem Ausmaß sozial benachteiligte Menschen aus finanziellen Gründen auf OTC-Produkte verzichten. Die Untersuchung wurde von der LZG gemeinsam mit Amtsapothekern durchgeführt. Befragt wurden 391 Nutzer der Tafeln in Nordrhein-Westfalen. Zwei Drittel davon waren Frauen.

Die Tafeln in Deutschland unterstützen Menschen, die ihren Lebensunterhalt nur schwer finanzieren können, weil sie eine kleine Rente haben, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe beziehen. Knapp die Hälfte der Tafel-Nutzer sind Kinder und Jugendliche oder Rentner.

Knapp 40 Prozent der Befragten verzichten pro Jahr auf den Kauf von bis zu drei Präparaten. 21 Prozent kauften bis zu acht Medikamente im Jahr nicht. Allerdings seien dies Personen, die insgesamt einen hohen Verbrauch von Arzneimitteln haben, erklärt das LZG. Knapp ein Viertel der Teilnehmer gab an, nicht auf Arzneimittel zu verzichten.

Schmerz- und Fiebermittel sind nach Angaben der Teilnehmer die Arzneimittel, die am häufigsten gekauft wurden. Weitere häufig verwendete Produkte sind Nasensprays, Magen-Darm-Mittel sowie Antiallergika. Gleichzeitig gaben 45 Prozent der Befragten an, aus finanziellen Gründen auf Schmerzmittel zu verzichten.

Das LZG fordert eine Diskussion darüber, was der Verzicht von Arzneimitteln für die Lebensqualität des Einzelnen und für die Gesellschaft bedeutet. Besonders kritisch sei Verzicht auf Mittel gegen Kopfläuse und Pilzerkrankungen: Dadurch könnten sogar Gefahren für die öffentliche Gesundheit ausgehen.

Die Initiatoren der Befragung leiten aus den Ergebnissen Handlungsbedarf ab. Es müssten Hilfsangebote entwickelt werden, die den Betroffenen die Auswahl der wichtigsten Medikamente erleichtert. Angebote wie die „Dülmener Medikamententafel“, eine Auflistung von OTC-Medikamenten, seien noch nicht ausgereift und wiesen zum Teil zweifelhafte Produkte auf.

Weiter sollen spezifischere Hilfen entwickelt werden, um sozial Benachteiligten bei der richtigen Auswahl von Medikamenten zu helfen. Eine Diskussion um die Kostenübernahme notwendiger, aber nicht verschreibungspflichtiger Medikamente müsse erneut angestoßen werden.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Wenn die PTA in die Pflege abwandert
FDP-Politiker: „Hier muss sich etwas ändern“
Zuschüsse für Arzneimittelherstellung
Haushalt: 200 Millionen Euro gegen Engpässe
Keine Ausfallzahlung bei Quarantäne
Personal in Isolation: Apotheker wartet auf Geld
Mehr aus Ressort
Patient mit Alpha-Liponsäure vergiftet
Ausleitungstherapie: Arzt muss 15.000 Euro zahlen
„Weitere Fälle im Spätsommer“
West-Nil-Virus breitet sich weiter aus

APOTHEKE ADHOC Debatte